Perikles starb bekanntlich an der im Jahr 429 v. Chr. in Athen grassierenden Pest (loimós). Pest und Cholera (aus griech. choléra – chole ist die Galle) waren Seuchen, die nicht nur einmal der Geschichte der Menschheit eine neue Ausrichtung gaben. Die altgriechische epidemia hatte zunächst die Bedeutung „der Aufenthalt an einem Ort“, genau eigentlich „im gleichen Demos“, und war dann schon in der antiken medizinischen Literatur bei Hippokrates und Galen die „Verbreitung von Krankheiten unter der breiten Bevölkerung“. Älter ist allerdings das Adjektiv epidemios, das schon bei Homer im Sinne von „häuslich“ auftritt, bei Hippokrates aber dann auch für Seuchen in Gebrauch ist, die sich über „ein ganzes Land“ erstrecken.
Das „philhellenische“ mittellateinische epidemia in der Bedeutung „verbreitete ansteckende Krankheit“ geht in die Wissenschaftssprache ein, erscheint bereits im 16. Jahrhundert in medizinischen deutschen Texten und wird im 18. Jahrhundert zu Epidemie eingedeutscht. In Abgrenzung zur epidemia bezeichnet pandemia bei Platon „das ganze Volk“, was im damaligen Athen sich allerdings auf die „demokratisch geführten freien Bürger der Polis“ beschränkte. Älter ist auch hier das Adjektiv pandemios, das in der Odyssee einem Bettler (ptochós) angehängt wird, der auf Ithaka eine Art „öffentlichen“ Schutz genossen zu haben scheint. Auch das Wasser oder der Fischfang sind „pandemisch“. Ein Bezug zum medizinischen Begriff Pandemie erfolgt erst im Neugriechischen, was auf den gewöhnlichen Weg einer humanistischen Neubildung in den europäischen Sprachen aus dem Altgriechischen und die „Rückübernahme“ ins Neugriechische schließen lässt. Manchmal wandert auch ein Fremdwort ein, wie etwa karantina (καραντίνα) aus dem Italienischen quarantina, gebildet nach den quaranta – 40 Tagen Quarantäne. Nach der Legende sollen Moses und Christus einmal 40 Tage lang in völliger Zurückgezogenheit quasi in Quarantäne gelebt haben. Vielleicht wäre ein solcher Zeitraum auch für potenzielle Coronaviruspatienten ein Trost. Das Coronavirus selbst heißt im Griechischen im Übrigen folgerichtig koronoiós, weil das altgriechische iós als Gift dem lateinischen virus entspricht und das lateinische corona – Krone, Kranz ohnehin über das Etruskische aus dem Griechischen korone – gekrümmter Ring stammt. Diese korone ist zwar ursprünglich und bis heute die Bezeichnung des Vogels Krähe (heute gr. kuruna), aber diese Krähe hat ja bekanntlich nicht nur einen gekrümmten Schnabel, sondern auch gekrümmte Füße, was zu allerlei weiterem Gekrümmten geführt hat.
Aus der Neuerscheinung des GZ-Verlages: „Salz in der Soupa. Griechisch-Deutsche Sprachfindigkeiten II“
Deutsch-Griechisches, Griechisch-Deutsches. Wohl kaum ein anderer bewegt sich in diesem Metier sicherer als Professor Hans Eideneier. Nach seinem äußerst erfolgreichen Klassiker „Ärmellos in Griechenland“, der bisher drei Auflagen erlebte, bringt der Verlag der Griechenland Zeitung nun den Folgeband auf den Markt. Gewürzt mit einer herzhaften Prise Humor vermittelt Eideneier darin unterhaltsam seine verblüffende Kenntnis der Materie. Nonchalant und dennoch tiefgründig klärt er uns etwa darüber auf, warum der Tausendfüßler in Griechenland eine Vierzigfüßlerin ist oder was es mit dem Müller-Pendant Papadopulos auf sich hat. Um Griechenland und das Griechische besser zu verstehen, ist „Salz in der Soupa“ ein optimaler Weggefährte.
Die Karikaturen stammen wie schon bei „Ärmellos“ aus der Feder von Kostas Mitropoulos. Generös stellte der Doyen der griechischen Karikaturszene Arbeiten auch für diese Ausgabe zur Verfügung.