Am Samstag (20.7.) sind 50 Jahre seit der Besetzung Zyperns durch türkische Truppen vergangen. Aus diesem Anlass befand sich Premier Mitsotakis auf der geteilten Insel und setzte sich für eine politische Lösung ein. Parallel dazu hielt sich der türkische Präsident Erdogan im von der Türkei beanspruchten Nordteil des Eilands auf.
„Ich vergesse nicht. Wir vereinen uns, wir beharren, wir kämpfen mit einem Plan und in Zusammenarbeit bis zur endgültigen Rechtfertigung.“ Mit diesen Worten forderte Premierminister Kyriakos Mitsotakis am Samstag (20.7.) während eines offiziellen Besuches auf Zypern die Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel.
Mit einer militärischen Operation unter dem Codenamen „Atilla“ hatten türkische Truppen vor 50 Jahren den Nordteil der Mittelmeerinsel militärisch besetzt. Mitsotakis würdigte die Tatsache, dass es Zypern geschafft habe, eine moderne Demokratie zu entwickeln und auf eigenen Beinen zu stehen. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass es der Republik mit der Unterstützung Griechenlands gelungen sei, in die EU aufgenommen zu werden und seine Wirtschaft ständig weiterzuentwickeln.
Premier Mitsotakis auf Zypern
Geteilte Insel seit 50 Jahren
Betroffen zeigte er sich gleichzeitig von der Tatsache, dass „das ‚Land der Aphrodite‘ weiterhin geteilt bleibt“ – die Göttin der Liebe und der Schönheit soll der griechischen Mythologie zufolge auf Zypern aus dem Schaum des Meeres geboren worden sein. Mitsotakis erinnerte daran, dass es nach wie vor Vermisste aus der Zeit der Invasion durch türkische Truppen gebe. Außerdem bedauerte er, dass eine Mauer – die einzige, die in Europa verblieb – die Insel teile. Der Regierungschef wiederholte die griechische Auffassung für eine Lösung „mit einer Souveränität, einer Staatsbürgerschaft in einer bizonalen, bikommunalen Föderation, in einem einzigen Staat, ohne ausländische Besatzungsarmee, ohne anachronistische Garantien.“ Zudem würden dann alle Bürger der Mittelmeerinsel „sowohl Zyprioten als auch Europäer sein“, stellte der Gast aus Athen fest.
Was die Beziehungen zum Nachbarland Türkei angeht, so sagte er, dass man sich zwar im Gespräch befinde, dies bedeute jedoch nicht, dass man sich einig sei. Er fügte hinzu, dass Griechenland mittlerweile ein starker Staat in allen Bereichen sei: Wirtschaft, Politik, Militär und Diplomatie. „Das Griechentum wird nicht aufhören zu kämpfen, bis Zypern vereint ist, die Wunden geheilt sind und die Stabilität und der Frieden auf der Großinsel und der gesamten Region zurückgehehrt sind“, erklärte der griechische Regierungschef.
„Barbarische Invasion“
Zypernpräsident Nikos Christodoulidis bedankte sich bei Mitsotakis für dessen „historischen Besuch“; es habe sich um den ersten offiziellen Besuch eines Premierministers aus Griechenland anlässlich dieses Jahrestages gehandelt, stellte er fest. Der Zypernchef sprach angesichts der türkischen Invasion vor 50 Jahren von einem der „größten Verbrechen in der modernen europäischen Nachkriegsgeschichte“. Er wies u. a. darauf hin, dass etwa 37 Prozent des Landes von der Türkei besetzt seien. Anschließend führte er Mitsotakis und dessen Ehefrau Mareva Grabowski durch eine Ausstellung, die anlässlich des 50. Jahrestages seit der türkischen Invasion auf Zypern gezeigt wird.
Anlässlich dieses Gedenkfeiertages hatte auch die hellenische Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou im Garten ihres Amtssitzes in Athen eine Ausstellung mit Karikaturen aus der Zeit zwischen Juli 1974 und August 1975 eröffnet. In ihrer Rede sprach sie von einer „barbarischen Invasion türkischer Truppen auf Zypern“, was „gegen jegliches Konzept der internationalen Legalität“ verstoße. Verteidigungsminister Nikos Dendias bedankte sich bei all den „Gefallenen, Vermissten sowie bei allen, die die Freiheit der Großinsel verteidigt haben“; man werde in dieser Frage keine Kompromisse eingehen, so der Minister. Aus dem Athener Außenministerium hieß es, dass die Lösung der Zypernfrage höchste Priorität für Griechenland habe.
Oppositionsvertreter auf der Insel
Außerdem sprachen sich die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen sowie die EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola für eine Lösung der Zypernfrage aus. Von der Leyen fügte hinzu, dass es sich um eine europäische Frage handle. Das Parlamentsgebäude in Athen wurde mit dem Slogan „Ich vergesse nicht“ beleuchtet.
Das Parlamentsgebäude am Samstag
Zum 50. Jahrestag seit der Operation Atilla befanden sich auch Vertreter der beiden größten Oppositionsparteien des Landes – SYRIZA und PASOK – auf der geteilten Großinsel.
SYRIZA-Chef Stefanos Kasselakis traf sich dort u. a. mit Vertretern zyprischer Parteien. Auf dem Gesprächstisch lagen EU-Themen sowie die Situation im östlichen Mittelmeer als auch Migrationsfragen. Der Linkspolitiker stellte dazu fest, dass die seit der Invasion auf Zypern vermissten Menschen auch europäische Vermisste seien. Er erklärte, dass er auf EU-Ebene das Thema der Vermissten seit der „zyprischen Tragödie“ hervorheben werde, und forderte PASOK-Chef Nikos Androulakis dazu auf, dieses Anliegen im Europäischen Parlament zu unterstützen.
Kasselakis auf Zypern
Erdogan fordert „Abmahnung“
Am Samstag befand sich auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im besetzten nördlichen Teil der Insel, wo eine Militärparade stattfand, in deren Rahmen auch türkische Kriegsschiffe, Hubschrauber und Kampf-Drohnen vorgeführt wurden. Eine föderale Staatslösung lehnte er dabei für das Eiland ab.
An die Adresse des griechischen Regierungschefs Mitsotakis gerichtet verlangte Erdogan sogar ein „Abmahnung“ des griechischen Verteidigungsministers Nikos Dendias. Dieser hatte bereits am vorigen Montag (15.1.) dieser drittgrößten Mittelmeerinsel einen offiziellen Besuch abgestattet. Dabei verurteilte er die „illegale Präsenz der türkischen Besatzungsarmee auf Zypern seit einem halben Jahrhundert“. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)