Angesichts der bevorstehenden Wahlen hat Finanzminister Tsakalotos einige Aspekte seiner bisherigen Tätigkeit zusammengefasst. Er übte dabei auch Selbstkritik. Die mit den Geldgebern vereinbarten Primärüberschüsse von 3,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes seien zu hoch – in dieser Frage signalisierte er Kooperationsbereitschaft mit der konservativen Nea Dimokratia.
Für ein Politikum sorgten ein Interview des griechischen Finanzministers Efklidis Tsakalotos gegenüber dem Fernsehsender CNBC sowie eine Rede, die er am Donnerstag in der nordgriechischen Stadt Kavala gehalten hat.
Das Ziel für einen Primärüberschuss von 3,5 % des Bruttoinlandproduktes sei zu hoch, stellte der Politiker fest. Beim Thema der Primärüberschüsse könnte man sogar zu einem Konsens mit der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) finden, so seine Einschätzung. Er würde die ND unterstützen, sollte sie eine Minderung dieser Zielmarke fordern. Dies gelte für den Fall, dass die Konservativen aus den bevorstehenden Parlamentswahlen, die spätestens im Oktober stattfinden werden, als Sieger hervorgehen sollten. Dem ND-Chef Kyriakos Mitsotakis warf er jedoch vor, zu stark auf Konfrontation zu gehen. Per Twitter bedankte sich letzterer bei Tsakalotos, weil dieser nun zugegeben habe, dass die Primärüberschüsse die Wirtschaft zerstörten.
Unser Archivfoto (© Eurokinissi) zeigt Finanzminister Tsakalotos (l.) und Oppositionschef Mitsotakis (r.).
Viel Kummer zugefügt
Der Finanzminister sparte angesichts der bevorstehenden Wahlen – bereits Ende Mai finden sowohl Europa- als auch Kommunalwahlen statt – nicht mit Selbstkritik. Er räumte ein: In diesen vier Jahren haben wir als Regierung vielen Menschen Kummer zugefügt und wir haben Fehler gemacht. Einschränkend fügte er hinzu: Doch man habe auch Dinge vollbracht, die sehr schwierig zu bewältigen gewesen seien.
Zu den künftigen Zielen der Regierungspartei Bündnis der Radikalen Linken, der Tsakalotos angehört, zählen Verbesserungen im politischen System – man arbeitet an einer Verfassungsänderung – und vor allem die Bekämpfung der Vetternwirtschaft. Außerdem müsse Europaweit eine zu beobachtende Zunahme des Rassismus und rechtsextremer Kräfte gestoppt werden, so der griechische Chef-Ökonom.
Außerdem ging er auf soziale Maßnahmen ein, die in den dreieinhalb Jahren seiner Amtszeit umgesetzt worden sind. Erhöht worden seien die Ausgaben der öffentlichen Hand für die junge Generation, aber auch für andere Schritte, wie etwa die jüngst bekannt gegebenen Mietzuschüsse für sozial Bedürftige. Was die griechischen Staatsschulden betreffe, so sei für die kommenden zwei Jahre gewährleistet, dass diese bedient werden könnten.
Archivfoto (© Eurokinissi)
Kein Ende der EU-Aufsicht
Allerdings muss Athen noch mindestens 16 Maßnahmen in die Tat umsetzen, die zwischen der griechischen Regierung und den internationalen Geldgebern vereinbart worden sind, obwohl die unpopulären Spar- und Reformauflagen der sogenannten „Memorandumspolitik“ bereits im August offiziell beendet wurden. Zum Beispiel muss Athen noch fällige Schulden in Höhe von 1,6 Milliarden Euro, die aus dem Jahr 2018 resultieren, an Privatpersonen abzahlen. Außerdem muss etwa noch ein Pachtvertrag der nordgriechischen Autobahn „Egnatia Odos“ unter Dach und Fach gebracht werden.
Optimal wäre es, wenn die Durchsetzung dieser Maßnahmen bis zum 27. Februar erledigt werden könnten: An diesem Termin tagt die Eurogruppe. Die 18 Finanzminister der Eurozone wollen auf dieser Basis entscheiden, ob sie eine Teilkreditrate in Höhe von einer Milliarde Euro genehmigen werden. Das übernächste Treffen der Eurogruppe findet dann am 11. März statt.
Elisa Hübel