Am Mittwochabend hat sich Zypernpräsident Nikos Anastasiadis an das Volk seines Landes gewandt. In einer Fernsehansprache bezog er sich auf die in dieser Woche in der Schweiz gescheiterten Verhandlungen über eine Lösung der Zypernfrage. Er erklärte, dass die Gespräche mit dem politischen Führer der Volksgruppe im türkischsprachigen Nordteil Zyperns Mustafa Akinci kurz vor einer erfolgreichen Beendigung gestanden hätten. Ins Stocken geraten sei die Debatte schließlich, als die Rückkehr griechisch-zyprischer Flüchtlinge in ihre einstigen Heimatorte in den seit 1974 von türkischen Truppen besetzten Nordteil auf die Tagesordnung rückte. Während Experten der Vereinten Nationen errechnet hätten, dass eine Zahl zwischen 78.247 und 94.484 Rückkehrern angemessen bzw. gerecht sei, habe Akinci darauf bestanden, dass deren Zahl nicht mehr als 65.000 betragen dürfe.
Ungeachtet des Abbruchs des Dialogs in dieser Woche signalisieren sowohl Anastasiadis als auch Akinci ihre Bereitschaft, die Gespräche fortzusetzen. An den weiteren Verhandlungen sollen sich demnach sowohl Vertreter des griechisch-zyprischen und des türkisch-zyprischen Teils der geteilten Insel, sowie auch aus Griechenland und der Türkei, aber auch der Vereinigten Nationen beteiligen. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-moon rief zu einer Lösungsfindung noch im laufenden Jahr auf. Anfang Dezember wird es voraussichtlich auch zu einem Treffen zwischen dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan kommen.
Tsipras hat am Mittwoch in einer Rede vor der Parlamentsfraktion seines Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA) eingeschätzt, dass es „Voraussetzungen für eine Lösung“ in der Zypernfrage gebe.
Sowohl Tsipras als auch Anastasiadis haben unterdessen indirekt Medienberichte dementiert, wonach der griechische Außenminister Nikos Kotzias Schuld an den gescheiterten Gesprächen in der Schweiz tragen sollte. Diese Darstellungen gingen davon aus, dass letzterer angeblich mit Anastasiadis telefoniert habe. Dabei soll er gegenüber dem Zypernpräsidenten die Haltung vertreten haben, dass er die sich abzeichnende Vereinbarung nicht anerkennen werde. Falls diese unterzeichnet werden sollte, werde er sein Amt niederlegen und öffentlich auch Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos dazu auffordern, ebenfalls einen solchen Schritt zu tun, heißt es in den Medienberichten, die sich angeblich auf zyprische Quellen beziehen. Anastasiadis hatte eine solche Option indirekt mit der Feststellung dementiert, dass er nur im Direktkontakt mit Ministerpräsident Tsipras stehe. Szenarien, wonach es angeblich Probleme zwischen Athen und Nikosia geben solle, wies der Zypernpräsident zurück.
(Griechenland Zeitung / eh)
Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt den Zypernpräsidenten Nikos Anatasiadis (l.) im Gespräch mit seinem griechischen Amtskollegen Prokopis Pavlopoulos. Diese Aufnahme entstand anlässlich einer Reise des zypriotischen Staats- und Regierungsoberhauptes am 16. November nach Athen, wo er sich mit der politischen Führung Griechenlands, aber auch mit den Oppositionsparteien beriet.