Sehe ich die Palmen hier in Griechenland, gepflanzt in die Gärten vornehmer Athener Stadthäuser, in Parks und an Promenaden, muss ich immer an Oasen denken. Mit ihrem dicken, standhaften Stamm, ihren ausladenden Wedeln und ihren leuchtend orangefarbenen Früchten sind sie beeindruckende Bäume.
Aber sie wirken fremd auf mich, stelle ich mir doch Dattelpalmen mitten in Sand und Wüste vor. Dattelpalmen assoziieren eine Oase, eine Quelle des Lebens und der Fruchtbarkeit. Meine Fantasie wandert dann nach Palmyra, der Dattelpalmen-Stadt, wie einst Jericho genannt wurde, der ältesten Stadt unserer Erde, 250 Meter unter dem Meeresspiegel gelegen. Dort rundet sich meine Vorstellung von Oase und Wüste, von Wasser und Überleben. Dort wachsen „Echte Dattelpalmen“, Phoenix dactylifera.
Echte Dattelpalmen mit großen Früchten
Nun aber ist Athen keine Oase, die Palmen dort auch keine Fata Morgana. Die Dattelpalmen Griechenlands sind dennoch echt und zum Anfassen. Sie stammen von den Kanarischen Inseln. Es sind die so genannten „Kanarischen Dattelpalmen“, Phoenix canariensis, die zur Zierde gepflanzt werden. Sie wachsen sehr schnell, sind wenig kälteempfindlich, sehen irgendwie „edel“ aus mit ihren langen Wedeln und spenden Schatten. Sogar die trockenen Palmwedel können zu einer Art Sonnenschirm zusammengebastelt werden. Mit Datteln schwer beladen hängen im Herbst ihre Rispen in den fächerartigen Zweigen. Sie sind klein, mehr Kern als Fleisch. Warte ich auf die Reifung der Früchte, auf das süße, weiche Fruchtfleisch, wie man doch getrocknete Datteln kennt, muss ich vergeblich warten. Die kleinen Früchte sind, auch wenn sie reif und rötlich sind, kein besonderer Genuss. Echte Dattelpalmen dagegen haben nahrhafte, große Früchte voller Zucker. Sie werden frisch oder getrocknet gegessen, zu Sirup oder Schnaps verarbeitet. Getrocknete Datteln, eingenäht in Schafsleder, sind Jahre haltbar und sichern das Überleben der Beduinen. Die gerösteten Kerne werden zu Kaffee gemahlen. Und der so genannte Palmwein, berauschend und aphrodisierend, wird durch Anzapfen des Stammes gewonnen. „Echte Dattelpalmen“ brauchen feuchte, salzhaltige Böden und gedeihen sehr gut bei absoluter Hitze. Dieser hochstämmige „Charakterbaum der Oasen“ dessen Heimat im Zweistromland liegt, hat sich in ganz Nordafrika ausgebreitet. Dort hat man ihn seit alters her in Kultur genommen. Da es weibliche und männliche Bäume gibt, müssen auf 10 bis 30 weibliche Bäume immer ein männlicher gepflanzt werden, oder man bindet einen blühenden männlichen Zweig in weibliche Bäume ein. Die Bestäubung übernimmt der Wind. Eine Palme trägt in Kultur ab dem 20. Lebensjahr jährlich etwa 50 Kilo bei guter Ernte.
Hoch geschätzter „Baum der Geburt“
Bedenkt man, dass noch dazu alle Teile dieser Palmenart einst Medizin waren, versteht es sich, dass diese „Königin der Bäume“ als ein heiliger Baum galt. Er war bei den Ägyptern dem Sonnengott Re geweiht, benannt nach dessen Vogel, der sich aus der Asche erhob ... Auch den Griechen und Römern war die „Echte Dattelpalme“ bekannt. Hoch geschätzt wurde sie angepflanzt, aber die Früchte kamen nicht zur Reife. Auch wenn in Griechenland keine „Echten Dattelpalmen“ wachsen, so gibt es doch einen Abkömmling dieser Spezies, die schlanke „Kretische Dattelpalme“, zuerst bei Theophrast erwähnt, daher „Phoenix theophrasti“ genannt. Diese kam in minoischer Zeit aus Afrika nach Kreta und stammt vermutlich von der „Echten Dattelpalme“ ab. Sie ernährt sich von Salzwasser, und war daher der Göttin Aphrodite geweiht, der „Schaum geborenen“, der Göttin, die dem Schaum des Meers entstieg. Auch sie galt als der „Baum der Geburt“. Sie vermehrt sich nicht durch Samen, sondern durch einen „Ableger“. Stirbt der alte Baum nach etwa 100 Jahren, wächst aus der gleichen Wurzel ein neuer. Bei den Griechen wurde die Dattelpalme phoinix, eben nach jenem Vogel, benannt, als Symbol für das Leben, das sich durch den Flammentod immer wieder selbst erneuert.
Ein Bild für das heutige Griechenland? Kleine „Oasen“ schaffen, Alternativen finden, nach vorne schauen.
(Griechenland Zeitung / Waltraud H. Alberti)