Zu landesweiten Protesten von Landwirten kommt es dieser Tage in Griechenland. In der mittelgriechischen Stadt Larissa etwa sind Demonstranten mit ihren Traktoren bis ins Stadtzentrum vorgefahren. In der Nähe von Karditsa kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Berufung auf geleistete Zuwendungen
Angesichts dieser Situation hatte Premierminister Kyriakos Mitsotakis am Sonntag (28.1.) eine rund 90-minütige Krisensitzung in seinem Amtssitz, dem Megaron Maximou, durchgeführt. Daran beteiligt waren u. a. Bürgerschutzminister Michalis Chryssochoidis, der Minister für Agrarentwicklung und Lebensmittel Lefteris Avgenakis, der Staatssekretär im Ministerium für Nationale Wirtschaft und Finanzen Thanos Petralias, die beiden Staatsminister Stavros Papastavrou und Akis Skertsos sowie Regierungssprecher Pavlos Marinakis. Bei der Debatte gab man zu bedenken, dass die Regierung bereits in einigen Bereichen die Mehrwertsteuer im Agrarsektor gesenkt habe, etwa für den Erwerb von landwirtschaftlichen Maschinen (von 24 % auf 13 %) sowie für Tierfutter (von 13 % auf 6 %). Auch wurde erklärt, dass der Staat insgesamt 600 Millionen Euro im Zuge der Covid-19-Pandemie für die Landwirtschaft zur Verfügung gestellt hatte. Durch den Krieg in der Ukraine und im Bemühen, dessen Folgen für die griechischen Bauern zu mildern, seien weitere 264 Millionen Euro eingesetzt worden.
Der Hauptplatz von Larissa
Die Position des Agrar-Ministeriums
In einem Fernsehinterview hatte der Minister für Agrarentwicklung Avgenakis erklärt, dass die Regierung der konservativen Nea Dimokratia (ND) „bewiesenermaßen auf der Seite der Landwirte steht“. Dies werde auch künftig der Fall sein. Seine Tür stehe für einen Dialog offen. Er räumte ein, dass die Klimakrise viele der Probleme verursache, mit denen die Bauern konfrontiert seien, man sei um Hilfe bemüht. In Thessalien etwa seien nach den Überschwemmungen im vorigen Jahr mittlerweile 150 Millionen Euro an Entschädigungsgeldern ausgezahlt worden; weitere 260 Millionen Euro würden noch bis spätestens Ende Juni fließen, so Avgenakis: Im September hatten die Unwetter Daniel und Elias vor allem auch in Thessalien schwerste Schäden angerichtet. Derzeit, so der Minister, stünden noch immer 18.000 Stremmata landwirtschaftlicher Nutzfläche unter Wasser. Die betroffenen Bauern würden für den Zeitraum von zwei Jahren entsprechende Unterstützungen erhalten.
Straßenblockaden mit Traktoren
Viele Landwirte lassen sich von diesen Zusicherungen nicht beeindrucken. Ein Höhepunkt der Proteste wird zwischen dem 1. und dem 4. Februar erwartet, wenn in Thessaloniki die Agrarmesse „Agrotica“ durchgeführt wird.
Bis dahin ist etwa mit Straßenblockaden auf der Nationalstraße zwischen Athen und Thessaloniki auf der Höhe von Platykambos zu rechnen. Auf der Chalkidiki wurde am Wochenende für etwa zwei Stunden die Nationalstraße bei Moudania von Traktoren blockiert. Zu ähnlichen Protesten kam es auch in vielen Teilen der Peloponnes und in anderen Landesteilen, vor allem im Norden des Landes. Die Landwirte fordern in erster Linie eine Reduzierung der Produktionskosten und die Errichtung einer entsprechenden Infrastruktur zum Schutz vor extremen Wetterphänomenen. Außerdem verlangen sie garantierte Mindestpreise für den Verkauf ihrer Produkte.
Protest in Larissa
Unterstützung durch die Opposition
Seitens der Opposition wurde darauf hingewiesen, dass es in der Nähe von Karditsa zu Auseinandersetzungen zwischen aufgebrachten Landwirten und der Polizei gekommen sei; letztere habe auch Tränengas eingesetzt. Die größte Oppositionspartei SYRIZA rief die Regierung dazu auf, sowohl die Landwirte als auch die Konsumenten vor extrem hohen Preisen zu schützen, die von Kartellen verursacht würden. Aus der sozialistischen PASOK war die Rede von einer „Existenzfrage der Landwirte Thessaliens“. Man rief die Regierung dazu auf, Anreize zu schaffen, damit sich auch die jüngere Generation mit der Landwirtschaft beschäftigen wolle. Die kommunistische KKE kritisierte u. a., dass es keine vorbeugenden Maßnahmen gegen extreme Wetterphänomene für die Landwirtschaft gebe. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)