Die Rechtsanwälte Griechenlands treten in den Streik. Mit diesem Protest richten sie sich gegen eine Gesetzesnovelle des Finanzministeriums, die eine Neuregelung der Steuerabgaben für Freiberufler sowie kleine- und mittlere Unternehmen vorsieht.
Damit werden die Rechtsanwälte bis Ende des Jahres an keinen Gerichtsverhandlungen teilnehmen, die staatliche Angelegenheiten betreffen. Lokal wird an einigen Tagen komplett gestreikt. Die Rede ist von einer „Steuerrazzia, die uns den Gnadenschuss geben wird.“
Am Anfang der Woche hatten sich Vertreter der Rechtsanwaltsverbände von Athen und Piräus mit Vertretern von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten sowie Händlern und Besitzern von Manufakturen getroffen. Sie sind sich darin einig gewesen, dass die neue Steuergesetzesnovelle zwar die Steuerhinterziehung bekämpfen wolle, jedoch unfair sei. Der Gedanke, der sich dahinter verberge, sei: „Besser weniger von Vielen als mehr von Wenigen“ einzukassieren. Die Besteuerung werde auf Basis eines „fiktiven Einkommens“ berechnet und nicht nach dem tatsächlich erwirtschafteten Einkommen. Damit, so die Streikenden, würden eher Großverdiener geschützt, während die Mittelklasse dadurch vernichtet werde. Einig sind sich die Gesprächspartner auch darin gewesen, dass die Regierung mit dieser Gesetzesnovelle unter Beweis stelle, dass sie die Realität der Freiberufler, Wissenschaftler sowie kleiner- und mittlerer Unternehmen nicht realisiere. Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass das Land eine etwa zehnjährige Finanz- und Wirtschaftskrise durchleben musste, anschließend die Covid-19-Pandemie, sowie die jetzige Energiekrise und die Preiserhöhung, die durch die Inflation entstanden seien.
Obendrein ignoriere die Regierung, dass ein großer Teil der Freiberufler, Wissenschaftler und kleinen Unternehmer bereits jetzt nicht in der Lage sei, seinen Verbindlichkeiten nachzukommen. Aus diesem Grund seien in vielen Fällen hohe Schulden gegenüber dem Staat, Banken und Versicherungskassen angewachsen. Doch statt diese Gruppe zu unterstützen betrachte man sie von pauschal als Steuerhinterzieher.
Die Streikenden rufen die Regierung zum Dialog auf, um ein „gerechtes Steuersystem“ auszuhandeln, das den „realen Wachstums-Bedingungen und den speziellen Eigenschaften einer jeden Berufsgruppe“ Rechnung trägt.
Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, wurde für Mittwoch, dem 22. November um 13 Uhr vor dem Finanzministerium in Athen eine Protestkundgebung angesetzt. Am gleichen Tag wird zudem zu einem 24-stündigen landesweiten Streik aufgerufen.
Ähnliche Protestaktionen werden auch die Rechtsanwälte auf der Peloponnes durchführen. In Nafplion und Ägion etwa wollen die Rechtsanwälte auch am 16., 17., 21. und 22. November in den Ausstand treten. In Kalamata will diese Zunft bis einschließlich 24. November streiken. Ähnliche Aktionen werden etwa auch in Korinth und Tripolis durchgeführt. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)