Parlamentspräsident Nikos Voutsis soll keine Initiativen ergreifen, um bestehende Regelungen in der griechischen Volksvertretung abzuändern. Das hat am Montag Ministerpräsident Alexis Tsipras in einem Schreiben an den Parlamentspräsidenten gefordert.
Voutsis hatte zunächst signalisiert, dass die im Parlament vertretenen Parteiführer per Neuregelung weiterhin ihr Recht beibehalten könnten, im Abgeordnetenhaus das Wort zu ergreifen, wenn sie über keinen Fraktionsstatus mehr verfügen. Nach dem bisherigen Stand der Dinge muss eine Fraktion aufgelöst werden, sobald sie von weniger als fünf Parlamentariern vertreten ist. Hinzu kommt laut Statut, dass diese Fünf auch mit eben jener Partei in die Volksvertretung eingezogen sein müssen. Das heißt im Klartext, dass diese nicht aus anderen Parteien stammen bzw. nicht erst später der jeweiligen Fraktion beigetreten sein dürfen. Auch diese Klausel wollte Voutsis abschaffen.
Zugute kommen würde eine diesbezügliche Änderung sowohl der früheren Regierungspartei ANEL als auch der liberalen To Potami. Die rechtspopulistische ANEL verfügt zwar immer noch über fünf Abgeordnete; einer ist jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt der Partei beigetreten. Bis Freitag wurde der Rückzug eines weiteren Volksvertreters aus der Fraktion angekündigt. Dieser hatte bei der jüngst erfolgten Abstimmung über die Namensfrage der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien (UNO-Kurzbezeichnung: FYROM) gegen die Parteirichtlinie votiert und für diesen Vertrag gestimmt.
In Folge dieser Abstimmung hat auch To Potami Parlamentarier eingebüßt: Die Liberalen haben nur mehr drei Abgeordnete. Parallel dazu wuchs die Zahl der Unabhängigen auf nunmehr 16. Einige von ihnen sollen in Betracht ziehen, möglicherweise bei To Potami einzuziehen.
Das Vorhaben von Voutsis – er ist wie Premierminister Tsipras Mitglied des regierenden Linksbündnisses SYRIZA – ist auf scharfe Kritik seitens der Opposition gestoßen. Die Pressesprecherin der konservativen Nea Dimokratia (ND) Maria Spyraki stellte fest, dass für die ND eine Veränderung der bestehenden Regelungen nicht in Fragte komme. Ihrer Ansicht nach habe Tsipras damit zunächst auf „Erpressung“ des ANEL-Chefs Panos Kammenos reagiert. Das eingangs zitierte Schreiben von Tsipras an Voutsis deute wiederum darauf hin, dass der Parlamentspräsident dem Premier untergeordnet sei und nicht, dass das Parlament wie vorgesehen die Arbeit der Regierung kontrolliere, konstatierte Spyraki. (Griechenland Zeitung / eh)