Die Adoption von Kindern, die in Heimen aufwachsen, soll in Griechenland vereinfacht werden. Ein entsprechendes Gesetz passierte am Mittwoch das Parlament. Dafür gestimmt haben Abgeordnete der Regierungspartei SYRIZA, des kleineren Regierungspartners ANEL, der konservativen Nea Dimokratia (ND), der Demokratische Allianz und der liberalen „To Potami“. Die kommunistische KKE hat sich der Stimme enthalten. Komplett gegen die Gesetzesnovelle waren die Vertreter der faschistischen Chryssi Avgi sowie der Zentrumsunion.
Für den Staat unsichtbar
Ministerpräsident Alexis Tsipras (SYRIZA) stellte in seiner Rede fest, dass der Staat bisher nicht in der Lage gewesen sei, die genaue Anzahl der Kinder zu nennen, die in Heimen untergebracht sind bzw. eine Familie suchen. Das soll sich nun ändern. Auf Basis des neuen Gesetzes werden alle betroffenen Kinder offiziell registriert. Dieses Ziel sei das „Selbstverständliche“, sagte Tsipras: „Kein Kind im Abseits, kein Kind in Heimen!“ Diese Kinder, so der Linkspolitiker, seien künftig für den Staat nicht mehr inexistent bzw. „nicht mehr unsichtbar“. Er fasste zusammen: „Kein Kind am Rande. Kein Kind in einem Heim!“
Ein zweites Problem liegt bisher in der Bearbeitungszeit entsprechender Anträge der potentiellen Adoptiveltern. Tsipras zufolge liegen die Wartezeiten bei bis zu sechs Jahren, „ehe die Verfahren vorankommen“. Durch das neue Gesetz würde sich dieser Wartezeitraum nun spürbar auf 8 bis 12 Monate verkürzen.
Der strittige Paragraph 8
Für kontroverse Diskussionen in der Volksvertretung sorgte Paragraph 8 der Gesetzesnovelle. Dadurch wird es homosexuellen Paaren, die in einer offiziellen Lebensgemeinschaft leben, erlaubt, ein Pflegekind in ihrer Familie aufzunehmen.
Anwesend gewesen sind bei der Verabschiedung des Gesetzes 264 der 300 Parlamentarier. 161 votierten letztendlich dafür und 103 dagegen.
Die Mehrheit der Vertreter von SYRIZA, der Demokratischen Allianz und To Potami hat für die Aufnahme von Pflegekindern durch homosexuelle Paare plädiert. Allerdings haben selbst den Reihen des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA) zwei Parlamentarier mit „Nein“ gestimmt; mehrere sind bei der Abstimmung abwesend gewesen, zwei von diesen wiederum hatten sich von vornherein dezidiert gegen Paragraph 8 ausgesprochen.
„Zu Gunsten der Kinder“
Offiziell sind die Unabhängigen Griechen (ANEL) sowie die ND gegen Paragraph 8 gewesen. Doch auch hier gab es Differenzierungen von Parlamentariern, die einer Aufnahme von Pflegekindern bei gleichgeschlechtigen Paaren zustimmen. Zwei Parlamentarier der ANEL – die von Beobachter zumeist als „rechtspopulistische Partei“ bezeichnet wird – haben schließlich mit „Ja“ votiert. Zwei weitere, darunter Parteichef Panos Kammenos, sind bei der Abstimmung nicht anwesend gewesen. Ähnlich war die Sachlage bei der konservativen ND: hier haben drei Volksvertreter gegen die Parteilinie bzw. für das Gesetz votiert, darunter die frühere Außenministerin Dora Bakojanni. Letztere ist die Schwester des Parteivorsitzenden Kyriakos Mitsotakis. (Griechenland Zeitung / eh; Archivfoto: © Eurokinissi)