Die griechische Privatisierungspolitik erlebt neue Höhepunkte. Einerseits hat die Wettbewerbskommission Grünes Licht gegeben für die Verpachtung von 14 Regionalflughäfen an die Fraport AG. Zudem wurde am Freitag in Anwesenheit von Ministerpräsident Alexis Tsipras ein Vertrag mit der chinesischen Cosco Shipping Corporation unter Dach und Fach gebracht: Zwei Milliarden-Geschäfte.
Für Verstimmung im Regierungslager sorgte am Sonntag Schifffahrtsminister Thodoris Dritsas. Er hatte einen gerade erst am Freitag mit der chinesischen Cosco unterzeichneten Vertrag in Frage gestellt. Die Tinte war noch nicht trocken, da stellte er im privaten Fernsehsender Mega fest, dass Piräus „ein Hafen mit riesigem Potential“ sei. Diesen Reichtum gelte es zu nutzen. „Das Verfahren des Verkaufs ist noch nicht beendet“, kommentierte der Minister. Vor allem aber geschehe die Übertragung der Aktien des Hafens an die Cosco nur, „um die Geldgeber zu befriedigen“. Dabei übte er auch heftige Kritik an der Privatisierungsbehörde TAIPED. Diese, so der Minister, verhalte sich wie „ein Staat im Staate“.
Kritik der Opposition: „Komödiantisch Farce“
Streng kritisiert wurden diese Äußerungen von der Opposition. Seitens der konservativen Nea Dimokratia (ND) hieß es, dass Tsipras letztlich doch – wenn auch mit Verspätung – die Privatisierung des Hafens von Piräus (OLP) unter Dach und Fach gebracht habe. Damit habe er die Politik der von der ND geführten Vorgängerregierungen „fortgesetzt“. Allerdings: der Schifffahrtsminister widerspreche dieser Politik. Die ND schlussfolgerte: „Es handelt sich um eine „komödiantische Farce einer Regierung, die das Land zerstört“. Der ND-Vizevorsitzende Adonis Georgiadis forderte Dritsas zum Rücktritt auf. Daraufhin wiederum reagierte die Regierung. Dort riet man der ND zu „mehr Selbstbeherrschung und weniger Theater im Pressebüro“.
Die sozialistische PASOK stellte hingegen fest, dass sich „die Zirkusnummer der SYRIZA-Regierung“ fortsetze. Premierminister Tsipras nehme dabei lediglich den Posten eines Zuschauers ein. Die liberale „To Potami“ sprach von einem „absurden Theater“. Minister Dritsas habe mit seinen Erklärungen zentrale Entscheidungen der Regierung in Frage gestellt und damit die Verhandlungsposition des Landes geschwächt. Angesichts dieser Tatsache müsse er seinen Posten räumen.
Tsipras will weitere Investitionen ins Land holen
Tsipras hatte während des Vertragsabschlusses mit der Cosco am Freitag hervorgehoben, dass „die Seidenstraße von nun an schneller werden wird“. Er brachte zudem die Einschätzung zum Ausdruck, dass die griechische Wirtschaft schon bald einen spürbaren Aufschwung erleben und dass seine Regierung weitere Investitionen an Bord ziehen werde.
Der Cosco-Deal beläuft sind auf einen Gesamtwert von etwa 1,5 Mrd. Euro. Das chinesische Unternehmen soll dafür 67 % der Aktien des Hafens von Piräus (OLP) erhalten. Das Parlament muss das Abkommen allerdings noch ratifizieren. Die Aktien sollen laut Plan im Juni an Cosco übertragen werden. Unterzeichnet wurde die Vereinbarung im Amtssitz des Ministerpräsidenten in Anwesenheit des Präsidenten der Cosco Xu Lirong und des chinesischen Botschafters.
Tsipras wird im Juni in Peking erwartet
Die Vertragsdauer beträgt mindestens 40 Jahre. In Bar wird Cosco 368,5 Millionen Euro überweisen. In den kommenden 10 Jahren müssen die Chinesen laut Vertrag mindestens 350 weitere Millionen Euro investieren. Weitere Gelder soll Griechenland aus den zu erwartenden Einnahmen erhalten. Die griechische Stiftung für Wirtschafts- und Industrieforschung IOBE hat zusammengerechnet, dass durch die OLP-Verpachtung mittelfristig bis zu 4 Milliarden Euro in die griechischen Staatskassen fließen könnten.
Cosco investiert in Piräus bereits seit 2009. Um die Beziehungen zwischen Athen und Peking weiter zu vertiefen, wird Ministerpräsident Tsipras im Juni China einen offiziellen Besuch abstatten. Durch die Investition in die griechische Infrastruktur erhofft sich China einen besseren Zugang zu den Märkten Europas. Das Land der Mitte hat auch Interesse an der Griechischen Bahn (Trainose) bekundet. Zudem soll im Sommer ein Teil des Hafens der nordgriechischen Stadt Thessaloniki verpachtet werden. Hierfür gibt es mindestens vier Interessenten.
Während der Vertragsunterzeichnung mit der Cosco am Freitag demonstrierten etwa 300 Hafenarbeiter im Athener Zentrum. Um die Ordnung aufrecht zu erhalten, sah sich die Polizei veranlasst, Tränengas einzusetzen. Auch in Thessaloniki kam es zu Protesten. Die Demonstranten erinnerten daran, dass sich Ministerpräsident Tsipras im Wahlkampf vor gut einem Jahr noch entschlossen gegen Privatisierungen von Staatseigentum ausgesprochen hatte.
Grünes Licht für 14 regionale Flughäfen
Grund zum Feiern hat seit der vorigen Woche auch die deutsche Fraport AG, nachdem die Wettbewerbskommission nun offiziell die Legalität der Verpachtung von Flughäfen an das Unternehmen bestätigt hat. Fraport übernimmt 14 Regionalflughäfen, darunter den von Thessaloniki, aber auch auf Ferieninseln wie Kreta, Korfu, Rhodos, Santorin, Samos und Mykonos. Dieser Vertrag hat eine Laufzeit von 40 Jahren und kann um weitere 10 verlängert werden. Unterzeichnet wurde er bereits Ende 2015, das Ok der Wettbewerbskommission macht die Sache nun wasserdicht.
Gemeinsam mit dem griechischen Partner Slentel, der zur Copelouzos Group gehört, die bereits einen fünfprozentigen Anteil am Internationalen Athener Flughafen hält, werden für die Konzession mehr als 1,23 Mrd. Euro gezahlt. Bis 2020 sollen weitere 330 Mio. Euro für die Infrastruktur der Airports bereitgestellt werden. Das Betreiberkonsortium zeichnet für die Verwaltung, Pflege und Entwicklung der Flughäfen verantwortlich. Copelouzos ist u.a. auch im Energiesektor präsent.
Branchenkenner sehen ein durchaus lohnendes Geschäft: mit dem Anstieg der Touristenzahlen erhöhen sich kontinuierlich auch die Passagierzahlen. Das Passagieraufkommen der 14 Flughäfen beläuft sich auf etwa 20 Mio. pro Jahr. Die griechische Seite erhofft sich im Gegenzug einen weiteren Push für den Tourismus; viele Regionalflughäfen in Hellas hatten bisher den Ruf, veraltet zu sein. Vor allem in der Touristensaison gab es häufig Beschwerden von Passagieren über unverhältnismäßig lange Wartezeiten. Mit deutschem Knowhow könnte sich das ändern – allerdings könnten sich auch die Gebühren erhöhen.
Elisa Hübel
Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am Freitag und zeigt Ministerpräsident Alexis Tsipras (l.) in seinem Büro mit dem Präsidenten der Cosco Xu Lirong.