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Neue Regierungschefin Griechenlands vereidigt – erstmals eine Frau Tagesthema

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Neue Regierungschefin Griechenlands vereidigt – erstmals eine Frau

Mit Vassiliki Thanou hat Griechenland erstmals eine Frau als Ministerpräsidentin. Am Donnerstagabend wurde die 65-jährige Juristin feierlich vereidigt. Anschließend begab sie sich in den Amtssitz des Ministerpräsidenten, ins „Megaron Maximou“.

Dort übergab der aus dem Amt scheidende Alexis Tsipras vom Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) die Amtsgeschäfte. Er brachte sine Freude darüber zum Ausdruck, dass er „die erste Frau Ministerpräsidentin in der Geschichte der Hellenischen Republik“ willkommen heißen durfte. Thanou erklärte ihrerseits, es sei bekannt, dass einer Interimsregierung vor allem die Aufgabe zukomme, das Land mit Integrität zu den Parlamentswahlen zu führen. Ihr sei aber auch bewusst, dass sie vielleicht auch kritische Themen zu bewältigen habe. Als Beispiel nannte sie die Migrationsfrage.
Abgesehen von ihrem neuen Amt ist Thanou auch die erste Frau, die Präsidentin der Union der Richter und Staatsanwälte geworden war. Sie ist zudem Präsidentin des griechischen Höchstgerichtes (Areopag). Zwei Jahrzehnte war sie auch gewerkschaftlich aktiv.
Mit ihrer Amtsübernahme hat nun offiziell der Wahlkampf begonnen. Die vorverlegten Parlamentswahlen werden am 20. September durchgeführt.
In einem Interview umriss Tsipras sein Wahlmotto mit den Worten: „Griechenland kann nur noch nach vorn schreiten.“ Das Land könne nicht mehr zurückgehen. Er machte bisher mehrfach deutlich, dass er auch im Falle eines Wahlsieges nicht mit anderen Parteien, wie etwa der konservativen Nea Dimokratia (ND) oder der sozialistischen PASOK oder der liberalen „To Potami“ koalieren werde. Dies seien Parteien des alten Systems. Lediglich mit den „Unabhängigen Griechen“ (ANEL) könne er sich eine Koalition – wie er das bereits nach den Wahlen am 25. Januar praktizierte – vorstellen.
Was die große Opposition Nea Dimokratia (ND) betrifft, so warf der Interimsvorsitzende Evangelos Meimarakis seinem Kontrahenten Tsipras am Donnerstagabend in einem Fernsehinterview vor, dass sich dieser der Regierungsverantwortung entzogen habe. Grund sei, dass er das von ihm selbst unterzeichnete Spar- und Reformprogramm (Memorandum III) nicht umsetzen möchte. Meimarakis, der nur bis zur Wahl eines neuen ND-Vorsitzenden im Amt ist, wiederholte seinen Wunsch, eine Fernsehdebatte mit den Parteiführern durchzuführen. Indirekt räumte er ein, dass daran auch der Vorsitzende der faschistischen Chryssi Avgi (CA) teilnehmen könne. Allerdings warnte er etwaige Protestwähler davor, beim Urnengang für die CA zu votieren. Wichtigstes Anliegen der Politik ist es laut Meimarakis, die Stabilität aufrecht zu erhalten.
Im Moment hat es den Anschein, dass das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) im Wahlkampf zwar einen Vorsprung besitzt, der aber nicht uneinholbar scheint. Eine aktuelle Umfrage, die vom Meinungsforschungsinstitut ProRata für die linke Zeitung „Efimerida ton Syntakton“ durchgeführt worden ist, weist SYRIZA zwar mit 23 % einen beachtlichen Vorsprung vor der ND (19,5 %) aus. Eine andere Umfrage („Interview“) hatte am Mittwoch den Unterschied allerdings lediglich auf 2 Prozentpunkte beziffert. Dritte Kraft würde der jüngsten Erhebung zufolge mit 6,5 % abermals die faschistische Chryssi Avgi. Es folgen die kommunistische KKE (5 %), die PASOK (4,5 %) und die liberale „To Potami“ (4 %). Für die „Volkseinheit“, die sich nach Ankündigung des vorverlegten Urnengangs von SYRIZA unter dem früheren Minister Panajotis Lafazanis abgespalten hat, wollen 3,5 % votieren. Der Einzug ins Parlament könnte eventuell auch der Partei „Enossi Kentroon“ von Vassilis Leventis gelingen (3 %). Der bisherige Koalitionspartner von Tsipras, die rechtspopulistische ANEL, würde den Sprung in die Volksvertretung mit 2 % hingegen verfehlen – die Hürde liegt bei 3 %.
ProRata zufolge ist allerdings noch jeder Vierte der Befragten (25,5 %) unentschlossen, für welche Partei er am 20. September stimmen wird. Der größte Teil der Bürger möchte um jeden Preis, dass Griechenland in der Eurozone bleibt. Jeder Zweite vertritt die Meinung, dass das Memorandum III „keine gute Vereinbarung“ gewesen sei. (Griechenland Zeitung/eh)

Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt die Interimsministerpräsidentin Vassiliki Thanou bei der Vereidigung.

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