Die Auszahlung der letzten Finanzrate für Griechenland durch die europäischen Partner geht in die Zielgerade. Der letzte Sprint findet in den kommenden Wochen statt. Am 8. Dezember soll während eines Treffens der Eurogruppe über die Überweisung der Hilfsgelder entschieden werden.
Die Troika (Europäische Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds) hat in Griechenland seit dem offiziellen Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Frühling 2010 mit etwa 260 Milliarden Euro zur Rettung des Mittelmeerlandes beigetragen.
Im Gegenzug musste Griechenland harte Spar- und Reformmaßnahmen durchsetzen, die in sogenannten Memoranden vereinbart wurden. Seither besuchen Inspektoren der Troika etwa aller drei Monate Athen, um die Fortschritte der Maßnahmen zu kontrollieren. Auf Grundlage ihrer Einschätzung wird jeweils über die Auszahlung der nächsten Kreditrate entschieden.
Verzögerung bei Umsetzung von Reformen
Nun bereitet man sich in der griechischen Hauptstadt auf das letzte Treffen mit der Troika vor. Allerdings steht noch nicht fest, wann genau die Inspektoren in Griechenland eintreffen werden. Fest steht, dass das Land bei der Umsetzung der vereinbarten Schritte hinterher hinkt. Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die von großen Teilen der Wählerschaft als besonders schmerzhaft empfunden werden: Es geht u. a. um Veränderungen im System der Sozialversicherung; um die Möglichkeit, dass größere Betriebe Massenentlassungen durchführen können und um eine Nivellierung der Gehälter im öffentlichen Dienst, die an jene in der Privatwirtschaft angepasst werden sollen.
Vorverlegte Parlamentswahlen im Gespräch
Die Zweiparteienregierung aus Konservativen (ND) und Sozialisten (PASOK) befürchtet vor allem, dass es in absehbarer Zeit zu vorverlegten Parlamentswahlen kommen könnte. Die größte Oppositionspartei des Landes, das Bündnis der Radikalen Linken SYRIZA, versucht seit längerem einen vorverlegten Urnengang zu erzwingen. Vor allem aus diesem Grund möchte die Regierung unpopuläre Maßnahmen gern vermeiden.
Immer wieder kommt es angesichts der Lage zu Beratungen zwischen Ministerpräsident Antonis Samaras Samaras (ND) und seinem Vize Evangelos Venizelos (PASOK). Nach einem solchen Treffen am Mittwoch haben sich die beiden darauf geeinigt, dass sie das Volk vor eine Entscheidung stellen möchten. Ihrer Ansicht nach sei das Dilemma eine „sichere Lösung“ oder ein „Wahlabenteuer“.
Knappe Mehrheit der Koalitionsregierung
Seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise ist das politische System des Landes spürbar ins Wanken geraten. Zwischen 1974 – als eine Militärjunta gestützt worden ist – und 2010 hatten fast ununterbrochen und abwechselnd die ND und die PASOK das Land regiert. Doch nach dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise haben die beiden früheren Volksparteien stark an Wählerkraft verloren: innerhalb von vier Jahren haben sich vier Regierungen abgewechselt, darunter zwei Übergangsregierungen unter dem Technokraten Loukas Papadimos und später unter dem Richter Panagiotis Pikrammenos. Seit 2012 tragen ND und PASOK in einer Koalitionsregierung die Verantwortung für die Geschicke des Landes.
Nachdem nicht nur Wähler, sondern auch einige Parlamentarier den beiden Parteien den Rücken gekehrt haben, verfügen sie zusammen nur noch über eine knappe Mehrheit von 155 der 300 Sitze im Parlament.
Linksbündnis SYRIZA liegt vorn
Seit 2010 legte das Bündnis der Radikalen Linken SYRIZA hingegen deutlich in der Wählergunst zu. Umfragen zufolge ist es inzwischen die stärkste politische Kraft. Hintergrund ist letztlich die strenge Reform- und Sparpolitik. Nach Ansicht von SYRIZA muss diese so schnell als möglich beendet werden, was nur durch vorverlegte Parlamentswahlen möglich sei.
Eine günstige Gelegenheit für ein solches Szenarium zeichnet sich in den ersten Monaten 2015 ab. Dann muss das griechische Parlament einen neuen Staatspräsidenten wählen. Dafür wird eine Mehrheit von 180 Parlamentariern benötigt, über die die Regierung nach dem jetzigen Stand der Dinge nicht verfügt.
Elisa Hübel
(Foto: Archiv-Eurokinissi. Scharfe Sicherheitsvorkehrungen wird es auch beim voraussichtlich letzten Besuch der Troika in Athen geben.)