Login RSS

Kotopuládiko

  • geschrieben von 
Archivfoto (© Eurokinissi) Archivfoto (© Eurokinissi)

Der berühmte altgriechische Hahn – alektryón (αλεκτρυών), der nicht zuletzt aus dem Neuen Testament durch sein dreimaliges Krähen bekannt ist, wurde im Mittelgriechischen durch den petinós (πετεινός) ersetzt. Was schlicht ein „Flieger“ ist. Doch es gab im Altgriechischen noch ein sehr seltenes Wort für eben diesen Gockel: kóttos. Das feminine Pendant, kótta, für die Henne, trat erst in der Neuzeit seinen Siegeszug an und wird heute mit einem t geschrieben.

Die Verkleinerungsform dazu als Hühnchen ist in der Form kotópulo sowohl auf der Wiese und im Stall als auch auf dem Markt und in der Hühnchenbraterei am Spieß, das heißt im kotopuládiko, dem Hühnergrill, überall in Gebrauch. Nachdem die Herleitung der kóta aus der alten kótta trotz mangelnder Zwischenbelege allgemein akzeptiert wird, gibt es diverse Schwierigkeiten bei dem zweiten Bestandteil des Wortes: -ópulo. Da wir die Masse der neugriechischen Nachnamen auf -opulos (Theodorakopulos, Marinopulos usw.) erklären als die Kinder des Namenträgers (es gibt ja auch ellinópula und germanópula), machte man sich auf die Suche nach solchen „Jungen“ bzw. „Mädchen“ im griechischen Mittelalter. Fündig wurde man bei den Vögeln. Das alte órnis bzw. órnitha (der Ornithologe ist bekanntlich ein Vogelkundler) war im Mittelalter durch pullín, das später pulín geschrieben wurde, ersetzt worden. In der mittelalterlichen Schreibweise erkennen wir noch gut die Herkunft aus dem lateinischen pullus. Und das ist nicht nur als Adjektiv in der Bedeutung jung im Gebrauch, sondern auch – sehr selten – als Substantiv in der Bedeutung junges Tier. Damit schien also alles klar. Doch die Sache hat einen Haken: Das mittelgriechische pulí(n) war zu sehr auf den Vogel, oder im besten Fall auf das Huhn festgelegt. Ein bekanntes Werk der mittelalterlichen Dichtung hieß z. B. Pul(i)ológos, was wir mit „Vogelbuch“ übersetzen. Eine auch wissenschaftlich abgesicherte Alternative bietet sich nun an mit der Herleitung vom Stamm pol . In einem Text des 12. Jahrhunderts hören wir von einem polín in der Bedeutung Jungtier, und speziell „Fohlen“. Die lautliche Verwandtschaft springt ins Ohr, auch dann noch, wenn wir das Fohlen weiter verjüngen zum „Füllen“. Die jungen Papadópuloi sind also keine „Popenvögel“, sondern ganz seriöse Fohlensöhne und Füllentöchter des Priesters der griechisch-orthodoxen Kirche, Nachnamen, die im Übrigen erst im Osmanischen Reich nach 1453 eingeführt wurden. (Griechenland Zeitung / Hans Eideneier)

Nach oben

 Warenkorb