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Der Lorbeerbaum: Zum Ausruhen zu schade

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Unser Foto (© Waltraud Alberti) zeigt den Lorbeerbaum ‒ Laurus nobilis ‒ (η) δάφνη (dáfni); dito altgr. (dáphne) Unser Foto (© Waltraud Alberti) zeigt den Lorbeerbaum ‒ Laurus nobilis ‒ (η) δάφνη (dáfni); dito altgr. (dáphne)

Er galt früher als das Siegessymbol bei musischen Wettkämpfen. Heute ist er hauptsächlich als Küchengewürz bekannt: der Lorbeer. Ergreifend jedenfalls ist die Geschichte, wie es überhaupt zur Entstehung des Lorbeerbaums kam.

„Nichts bleibt als die glänzende Schönheit.“ So schreibt Ovid in seinen „Metamorphosen“. Gemeint ist die wunderschöne Nymphe Δάφνη (Daphne). Verfolgt in wilder Liebe vom Gott Apoll, flehte sie in ihrer Not um Hilfe. So wurde sie laut Mythos in einen Lorbeerbaum verwandelt: „Meine Gattin kannst Du nicht sein, aber mein Baum.“ Apollon blieben also nur noch die Zweige und Blätter, mit denen er sein Haupt schmücken konnte, sodass er seine geliebte, schöne Daphne immer bei sich hatte. Ob nun der Lorbeerbaum aus einer Nymphe entstand oder ob er schon längst am Nabel der Welt, am Schoß der Erde, in Delphi wuchs und Apollon nur dort die Macht übernahm und ihn zu seinem heiligen Baum machte, sei dahingestellt.
Apollon, Vater des Heilgottes Äskulap (Asklepios), hatte seinen ersten Tempel im Lorbeerhain von Delphi, dem berühmtesten Orakel Griechenlands. Er war aus Lorbeerholz erbaut und durfte nur mit Lorbeerzweigen gefegt werden. Auf dem Altar wurde nur mit Lorbeerblättern geräuchert. Die nachfolgenden Priesterinnen, die für fast 2.000 Jahre die Politik des Landes und teilweise der gesamten Alten Welt bestimmten, sprachen dort und in den Nachfolgebauten ihr Orakel. Zuvor kauten sie Lorbeerblätter und inhalierten Lorbeerrauch. Sie fielen in Trance und weissagten die Zukunft. Diese prophetischen Priesterinnen, Phytia genannt, schliefen sogar auf Lorbeerblättern. Der Lorbeerbaum, der bis zu 20 Meter hoch und 100 Jahre alt werden kann, ist wie der Olivenbaum eine Charakterpflanze der Mittelmeergebiete. Er braucht die Wärme. Bevor allerdings vor Millionen von Jahren die Eiszeit einen Klimawandel hervorrief, wuchsen Lorbeerbäume auch in nördlicheren Regionen. Eine Art „Überbleibsel“ sind noch die Lorbeerbäume auf der Isle of Wight südlich von England, die, vom Golfstrom beeinflusst, keinen Frost kennt. Aber zurück nach Griechenland, seiner heutigen Heimat. Lange Zeit galt der Lorbeer als Allheilmittel und als Schutz gegen alles Übel. Inzwischen gibt es Lorbeerbäume nicht nur in Delphi am Parnass und an allen Plätzen, die ehemals dem Gott Apoll geweiht waren (zum Beispiel beim Kloster Dafní bei Athen), sondern an fast jeder Kirche. Wer sogar ein Ableger-Bäumchen vom Heiligen Berg Athos in seinem Garten hat, kann sich besonders glücklich schätzen … Δάφνη (dáfni) wird er noch immer genannt, noch immer schön, mit glänzenden Früchten und kräftigen, wohlgeformten Blättern. Übrigens: Die Lorbeerkränze in der Antike gab es nur für die Sieger bei den musischen Wettkämpfen und bei den Wettspielen in Apollon-Heiligtümern. In Olympia und in Athen war ein Kranz aus Ölzweigen die Siegestrophäe.

Der Lorbeerbaum als Heilpflanze

Heute wird der Lorbeerbaum eher als Gewürzpflanze denn als Heilpflanze angesehen. Aber das ist zu wenig. Man könnte das Lorbeerblatt als ein Gewürz mit positiven Auswirkungen auf unser Wohlbefinden, auf unseren Organismus, ja auf unsere Gesundheit bezeichnen. Durch die Bitterstoffe und die ätherischen Öle in den Lorbeerblättern werden Appetit und Verdauung angeregt. In der griechischen Volksmedizin gibt es noch Rezepturen zum Abkochen der Blätter als Stärkungsmittel und bei Magenkrämpfen. Aus den Blättern gewonnene Fertigpräparate gegen Magenbeschwerden sind dagegen kaum noch im Handel, außer in homöopathischen Zubereitungen. Anders die Steinfrüchte: Zur Reifezeit, außen schwarz, innen ganz hell, entsetzlich bitter, haben sie ein besonders fettes Öl. Dieses so genannte Lorbeeröl wird in Furunkel-Salben verarbeitet und in der Tiermedizin in Euter-und Schnakenschutzsalben. Dioskurides kannte bereits die Wirkung der Blätter bei Entzündungen, bei Wespen- und Bienenstichen, und er wusste um ihre erwärmenden Kräfte. Wie er war auch Plinius der Meinung, dass die Lorbeerblätter psychoaktive Stoffe enthalten.

Verwendung in der Küche

Bekannt ist in erster Linie, dass ein oder zwei Lorbeerblätter bei Linsen- und Bohnengerichten mitgekocht werden, weil sie Hülsenfrüchte verdaulicher machen. Aber auch Feigen werden beim Trocknen u. a. mit Lorbeerblättern aromatisiert und haltbar gemacht.

Aus dem Buch: „Garten der Götter“, das bereits in 2. überarbeiteter Auflage im Verlag der Griechenland Zeitung erschienen ist.

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