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„Früher habe ich jeden Tag Fleisch gegessen“

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Mit Plakaten, auf die Fotos von Tieren sowie Parolen wie „Ich will leben“ oder „Werde Vegan! Rette Leben!“ gedruckt sind, ziehen die AktivistInnen die Aufmerksamkeit vorbeifahrender Fahrzeuge auf sich. (Fotos: GZfg) Mit Plakaten, auf die Fotos von Tieren sowie Parolen wie „Ich will leben“ oder „Werde Vegan! Rette Leben!“ gedruckt sind, ziehen die AktivistInnen die Aufmerksamkeit vorbeifahrender Fahrzeuge auf sich. (Fotos: GZfg)

Wer im Ausland in einem typisch griechischen Restaurant essen geht, wird auf der Speisekarte viele Gerichte finden, die sehr fleischlastig sind. Das fördert den Eindruck, dass auch in Griechenland so ziemlich jeder sehr viel Fleisch ist. Doch erstens ist das ein Klischee und zweitens ernähren sich auch in Hellas immer mehr Menschen vegan.

Als Franks Auto gegen neun Uhr morgens etwas außerhalb der Hauptstadt Athen auf einen eher provisorisch anmutenden Parkplatz in der Nähe des Schlachthofs rollt, warten dort bereits mehrere Männer und Frauen aller Altersgruppen. Allen Unterschieden zum Trotz einen die Anwesenden drei Dinge: Sie sind Griechen, sie leben vegan und sie engagieren sich im Rahmen der Organisation „Athens Animal Save“, die Teil des weltweiten „Animal Save Movement“ ist, aktiv für den Tierschutz.

Beistand für die Schlachttiere

Heute wollen die AktivistInnen für Tiere, die mit Viehtransportern zum Schlachthaus gebracht werden, „einfach nur da sein“, wie es die Studentin Anna ausdrückt. „Wir möchten sie ein erstes und letztes Mal in ihrem Leben als Individuen anerkennen“, ergänzt sie. Darüber hinaus sei es ein weiteres Ziel, auf die Problematik der Massentierhaltung und des Konsums tierischer Produkte aufmerksam zu machen. Diese Aktion, so erläutert Frank, werde „über Social Media mit der Öffentlichkeit geteilt“. In Griechenland werde vor allem vor der Fastenzeit und dann natürlich wieder zum Osterfest sehr viel Fleisch konsumiert. „Früher habe ich auch fast jeden Tag Fleisch gegessen“, fügt er betrübt hinzu.

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Information der Öffentlichkeit

„Wir möchten die Menschen für das Thema sensibilisieren, denn je geringer der Konsum ist, desto weniger Chancen hat der Markt“, erklärt Frank, der seit zweieinhalb Jahren Veganer und im Tierschutz aktiv ist. „Veganismus ist nämlich in Griechenland noch weitaus weniger verbreitet als in den vegan orientierteren Ländern wie etwa in Deutschland oder den USA.“
Was die Gruppe sich für den heutigen Tag vorgenommen hat? Bis in die Abenddämmerung hinein vor dem Schlachthaus zu bleiben und die Lastwagenfahrer darum zu bitten, noch einige Minuten zu warten, bevor sie die Tiere dem sicheren Tod ausliefern. – Mehr, so teilt Frank mit, sei leider nicht möglich.

Auseinandersetzung mit Mitarbeitern

Eine einfache Angelegenheit ist noch nicht einmal das. Vor allem schlägt die Aktion den meisten Teilnehmern sichtlich aufs Gemüt. Bereits auf dem halben Weg vom Parkplatz zum Schlachthof kann man die Ausdünstungen der Tiere riechen. Als die Gruppe ankommt, schließt ein Angestellter sofort das vergitterte Tor, damit die AktivistInnen nicht auf den Hof schauen oder gar auf das Gelände vordringen können.
Später kommt auch noch eine ältere Dame hinzu, die damit droht, die Polizei zu rufen. Außerdem verkündet sie, dass hier heute nicht gearbeitet werde. Ina, die zu den Organisatoren der Veranstaltung gehört, hat eine andere Erklärung: „Wir vermuten, dass die Lasterfahrer angerufen wurden, damit sie erst später kommen. Weil sie hoffen, dass wir dann schon weg sind. Aber wir werden natürlich den ganzen Tag bleiben, damit kommen sie nicht durch!“

Eine verängstigte Kuh auf der Ladefläche

Ganz unrecht hat Ina mit ihrer Theorie nicht: Die großen Tiertransporte bleiben zwar erstmal aus, aber schon kurze Zeit später fährt ein kleinerer Truck in die Hofeinfahrt. Auf der vergitterten Ladefläche befindet sich eine traurig und verängstigt dreinschauende Kuh. Später kommt noch ein Pick-up mit mehreren Schafen an. Beide Male ändert sich die Stimmung schlagartig: Während zuvor noch gelassene Gespräche die Atmosphäre prägen, wird es plötzlich ganz still. Alle bewegen sich in Richtung der Fahrzeuge, viele fotografieren, andere streicheln die Tiere zärtlich. Die Laster verweilen nicht lang vor den Toren des Schlachthofes, sodass den AktivistInnen nur wenig Zeit bleibt, die Tiere zu verabschieden. Nachdem die Laster im Inneren des Hofes verschwunden und die Tore wieder verschlossen sind, treten bei den Demonstranten die angestauten Emotionen zutage: Einige weinen; man tröstet sich gegenseitig.

Langfristiges Ziel klar vor Augen

Warum aber nehmen sie das alles auf sich? Die Männer und Frauen, von denen sich viele heute extra von ihrer Arbeit frei genommen haben, haben ein Ziel vor Augen: Sie wollen die Nutztierhaltung langfristig stoppen. „Den Tieren, die wir heute hier sehen, können wir nicht mehr helfen. Aber wir hoffen, in Zukunft Tiere davor zu schützen, gar nicht erst geboren zu werden“, sagt Frank, der sich verstohlen eine Träne aus dem Auge wischt. (Griechenland Zeitung / Franziska Gömmel)

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