In so gut wie allen Lehrbüchern des Griechischen soll das Verlangen nach der Rechnung mit dem schwierigen Ausdruck ton logariasmó parakaló bewerkstelligt werden. Viel häufiger und viel einfacher ist natürlich na plirósso, was allerdings nicht sehr höflich klingt und vor allem, wenn es von einem Deutschen gesagt wird, nicht klar zum Ausdruck bringt, dass Sie die Absicht haben, die ganze Runde zu schmeißen. Das wäre allerdings in jedem Fall angebracht, um sich nicht dem griechischen Vorurteil gegenüber der in Deutschland angeblich nicht so furchtbar tollen Gastfreundschaft auszusetzen. Bekanntlich heißt das Bezahlsystem „Jeder für sich – getrennte Kasse“ bei gemeinsamen Essens- und Trinkerrunden – vielleicht doch nicht ganz zu Unrecht – im Griechischen „to germanikó“: das deutsche System.
Dieses ist für griechische Sitten mehr oder weniger undenkbar. Dennoch gibt es eine heutzutage allgemein gängige Art, nicht auf der vollen Summe sitzenzubleiben: Einer bezahlt, legt aber im Grunde nur vor, zählt die Häupter seiner Paréa – Essensgemeinschaft – natürlich ohne die Kinder –, macht die Division und nennt einen Kopfpreis, der dann auf ein Geldhäufchen gelegt und dem Zahlmeister ausgehändigt wird. Diese Sitte ist von hohem Kommunikationswert vor allem dann, wenn der eine Hummer und der andere nur Pommes gegessen hat. Selber schuld. Wenn gewährleistet ist, dass der Abend so läuft, wird man in der Regel die Pluralform na pliróssume – „wir möchten bezahlen“ hören. Besonders chic und unverfänglich war früher und bis vor kurzem allerdings „na to grápsume – schreiben wir’s!“ im Sinne von „schreiben wir’s auf und zusammen.“ Dieser Ausdruck entspricht zwar dem deutschen „lassen wir’s anschreiben“, was früher die direkte Barzahlung eher ausschloss, hat aber im Griechischen noch einen weiteren Vorteil: Es kann auch nonverbal, das heißt ohne Worte zum Ausdruck gebracht werden – und so ist es auch heute noch in Gebrauch. Dies ist dann angebracht, wenn der Kellner oder Wirt in weiter Entfernung herumrennt und man nicht damit rechnen kann, dass er in nächster Zeit an den Tisch kommt. Das „na to grápsume“ wird also mit den drei Fingern der rechten Hand, mit denen man normalerweise das Schreibgerät hält, als Luftnummer so ausgeführt, dass man die Bewegung des Schreibens in die Richtung der Kasse bzw. Kellners macht. Diese Handbewegung ist auch dann angebracht, wenn Sie den schwierigen Akt des Auchmaleinladenwollens anpeilen: Sie passen den Moment ab, wo die Aufmerksamkeit aller in eine andere Richtung gelenkt wird, um quasi hinter deren Rücken das Zeichen für „die Rechnung bitte“ zu geben. Ob Sie es dann, wenn der Kellner mit dieser Rechnung zu Ihnen kommt, schaffen, auch tatsächlich zu bezahlen, ist allerdings eine andere Frage. Es ist auf alle Fälle ratsam, ein paar „Psematákia“ – Vorwände auf Lager zu haben, wie „meine Schwiegermutter wurde gestern 80 Jahre alt und das muss doch gefeiert werden“. Und dagegen kann und wird ja nun niemand etwas einzuwenden haben.
Text und Karikatur aus dem Buch „Ärmellos in Griechenland“ von Prof. Hans Eideneier: Dieses lehrreiche und amüsante Meisterwerk der deutsch-griechischen Sprachfindigkeiten ist nicht nur eins der bestverkauften Bücher, sondern auch das allererste Buch, das 2008 in unserem Verlag erschienen ist.