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Beim Klang der Hirtenflöte und der Ziegenglocken

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Die ungeschminkten Schönheiten der Zagoriadörfer (Foto: GZml-k) Die ungeschminkten Schönheiten der Zagoriadörfer (Foto: GZml-k)

Die Zagoria-Dörfer wurden bereits im September 2023 in die Liste der Welterbestätten der UNESCO aufgenommen. Es gab natürlich gute Gründe, dass ein neuzeitliches Kulturerbe Griechenlands Berücksichtigung fand – ein Besuch dieser ursprünglichen Orte beweist es.

Die im Nordwesten von Epirus gelegene Region Zagori bedeutet in der Übersetzung aus dem Altslawischen, dass die über 40 Dörfer der Zagoria schwer zu erreichen sind. Wer sich dorthin aufmacht über die kurvenreichen, sich die Berge hinaufschlängelnden Straßen, versteht, warum es keinen passenderen Namen für diese Gegend geben kann.

Steindörfer und Steinbrücken

Der Weg zu diesen Dörfern führt über dicht bewaldete Bergrücken, die immer wieder durch tiefe Schluchten unterbrochen werden. Wer sich Zeit nimmt, diese abgeschiedene Welt zu erforschen, wird bei genauerem Hinsehen viele Wanderwege aufspüren, die oft Ausdauer und nicht selten sogar Mut erfordern. Diese dünn besiedelte Ecke der Welt mit nur vier Einwohnern pro Quadratkilometer wird majestätisch begrenzt von den Gipfeln des Tymfi im Norden und Westen sowie vom Mitsikeli und Lakmos im Süden. Von Ioannina kommend fährt man hinauf in die Berge des Pindosgebirges und vorbei an dem gewaltigen Monument zum Andenken an die Zagoria-Frauen, die im Zweiten Weltkrieg mit ihrem Einsatz mithalfen, den Einfall der italienischen Faschisten abzuwehren. Das Ziel unserer Tour ist Tsepelovo, der größte Ort der Zagoria-Dörfer, auf etwa 1.200 Metern Höhe. Sobald man die Schnellstraße verlässt und diese abgeschiedene Welt mit einer Portion Abenteuerlust in Augenschein nimmt, spürt man eine große Ruhe. Überwältigt von der einzigartigen Natur mit all ihren Schluchten und Schwarzkiefern, von den Steindörfern und Steinbrücken, möchte man unverzüglich loswandern, um diesen Kosmos im Kosmos mit all seinen Geheimnissen zu erkunden. Wer sich hierher begibt, möchte (ein anderes) Griechenland pur erleben: ohne Meer, ohne Strand und mediterraner Postkartenidylle. Mit dem Klang der Hirtenflöte, den Ziegenglocken und bunten Flokatis auf den Fußböden der Häuser wirkt Epirus wie eine ungeschminkte Schönheit, die entdeckt werden will. Fernab eines opulenten Frühstücksbuffets in einem Fünf-Sterne-Hotel genießt man im Schatten der bewaldeten Bergrücken selbst gemachte Marmelade, Eier von freilaufenden Hühnern und selbst gebackenes Brot aus Steinöfen – kühle frische Morgenluft inklusive.

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Ein Kirchenturm mit langer Geschichte

Unvergessliche Blicke in Tsepelovo

Tsepelovo am Abhang des Tymfi-Massivs begeisterte mich vom ersten Moment an. Die Zagoria-Dörfer mögen sich aufgrund ihrer Bauweise und Struktur ähneln, aber jedes von ihnen hat auf gewisse Art seinen eigenen Charme. Die bunten Türen und Fensterrahmen, üppig wachsende Blumen auf Steintreppen, verwunschene Gassen und Kirchturmuhren mit langer Geschichte entführen Besucherinnen und Besucher in eine Welt, die sich ihre Ursprünglichkeit aufgrund der Abgeschiedenheit bewahrt hat. Nicht weit von Tsepelovo, genauer gesagt vorbei am Steinwald etwas weiter im Westen, hat man vom Aussichtspunkt Oxia einen grandiosen Blick in die Vikos-Schlucht, die tiefste Schlucht der Welt. Diesen Anblick vergisst man nie. So erging es wohl auch dem Sohn des US-amerikanischen Schauspielers Denzel Washington, Simon, als er zu Dreharbeiten zu seinem Film „Beckett“ (2021) in dieser Gegend weilte und in Tsepelovo sein Quartier in einem der sogenannten Archontika (Herrenhäuser) aufschlug.

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Dörfer in rauer, schöner Landschaft …

Im Schatten der Platane

In Tsepelovo mit seiner riesigen Platane auf dem Dorfplatz, auf dem Kinder herumtollen und ihren Bällen hinterherlaufen, die Alten in der Mittagssonne Tavli spielen und es selbst gemachten Kuchen gibt, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Jegliche Hektik verliert sich, während der fliegende Händler sein Obst und Gemüse mit singender Stimme anpreist und dabei den Kindern ein paar Weintrauben schenkt. Ein Spaziergang durch die engen Gassen mit ihrem Kopfsteinpflaster wirkt entspannend – gleichzeitig schöpft man Kraft in Momenten der Stille zwischen dem Grau des Gesteins und der in den Details aufleuchtenden Buntheit. Das Dorf hieß früher „Brücke des Kokkori“, ein Verweis auf den so charakteristischen Brückenbau in dieser Gegend. Kurz hinter dem Dorfplatz von Tsepelovo stößt man auf die vermutlich schönste Apotheke Griechenlands. Davor befindet sich das Grab des Dichters und Prosaschriftstellers Ioannis Bilaras, der 1771 auf der Insel Kythira geboren wurde und 1823 in diesem Zagoriadorf starb. Bilaras und der Lehrer Athanasisos Psalidas flüchteten bereits vor dem Sturz des in Ioannina residierenden Ali Pascha (1740-1822) nach Tsepelovo, um dort eine revolutionäre Organisation im Kampf gegen das Osmanische Reich zu bilden. Besonders im Winter wird dieser Ort des Epirus heute von Touristinnen und Touristen frequentiert. Gern würde ich hier mit dicker Jacke einen heißen Mokka auf dem Dorfplatz schlürfen, wenn der Schnee auf den Bergen in der Mittagssonne glänzt und Kinder mit ihren Schlitten die steilen Gassen hinunterrodeln. Gern würde ich hier in einer der Tavernen sitzen, wenn der Kamin mit Holz befeuert wird und Einheimische und Gäste epirotischer Musik lauschen. Es gibt sie noch, die geheimen, ursprünglichen Orte. Man muss sich nur auf den Weg begeben.

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Bei epirotischen Klängen in einer Taverne sitzen …

Text und Fotos: Maria Laftsidis-Krüger

Diese Reportage erschien in der Griechenland Zeitung Nr. 892 am 4. Oktober 2023.

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