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Die Wiederbelebung eines Dorfes

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Foto (© GZwj): Im Schatten der alten Platane finden rund 200 Personen Platz. Foto (© GZwj): Im Schatten der alten Platane finden rund 200 Personen Platz.

Ein engagiertes Paar hat es sich zu seiner Lebensaufgabe gemacht, ein verschlafenes Dorf in der Argolis aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. Die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht.

Um es vorauszuschicken: Kefalovrisso ist eines unserer Lieblingsdörfer in der Argolis. Es liegt auf etwa 750 Metern Höhe am Fuße des Lyrkeia-Gebirges. Ein Freund nahm uns 1998 mit hier hoch, um seinen Bruder zu besuchen. Völlig ungriechisch versuchte er, uns dabei immer wieder weiszumachen, wie schlimm das hier oben alles sei, wie arm die Menschen sind, und er beschloss, nie wieder dorthin zu fahren. Im Gegensatz zu uns. Wir besuchten Kefalovrisso immer wieder, fanden Freunde, erlebten so manches tolle Dorffest. In den Krisenjahren nach 2009 jedoch ging es mit dem Dorf rapide bergab. Die kleine Taverne, die der damalige Ortsvorsteher Jannis gegen alle bürokratischen Hürden durchgesetzt hatte, musste mangels Gästen schließen. Sogar treue Besucher aus Amerika, Kanada und Deutschland, die sonst immer den Sommer in ihrer alten Heimat verbracht hatten, blieben fern. Häuser verfielen zusehends. Dabei ist das Dorf durchaus attraktiv, hat viele schöne alte Natursteinhäuser.

50 Bewohner im Sommer

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Bürgerkrieg hatte Kefalovrisso einige hundert Einwohner. Jedes Stück Land wurde bebaut. Ziegen und Schafe wurden geweidet. Die Quelle des Inachos spendete Sommer wie Winter reichlich Wasser. Die Erträge waren zwar nicht üppig, aber sie ernährten viele Menschen. Es gab fünf Wassermühlen, in denen das Korn von den umliegenden kleinen Feldern gemahlen wurde. Heute hat Kefalovrisso im Sommer etwa 50 Bewohner, im Winter sind es noch ungefähr 20. Früher, als es noch Schnee gab, war der Ort im Winter oft von der Außenwelt abgeschnitten. Für die paar Leute lohnte es sich einfach nicht, die Straßen freizuschieben. Die Bewohner waren darauf eingestellt, bevorrateten sich mit Gemüse, Kartoffeln, Mehl, Öl, Honig, Nüssen und Trockenfrüchten. Wenn sie Appetit auf Fleisch hatten, schlachteten sie eines ihrer Tiere. Erst seit 2006 verbindet eine Asphaltstraße das Dorf mit der Autobahn Korinthos-Tripoli.

Mehr als eine Taverne

Stavroula Tsirikou, eine studierte Betriebswirtin, und Panagiotis Kokkalas, Koch mit abgeschlossenem Studium der Lebensmitteltechnologie, haben sich vor Jahren zusammengefunden und boten als Verein „Grecopaths“ allerlei touristische Leistungen an: Wanderungen, Mountainbiking, Kochlehrgänge für griechische Küche, ein breitgefächertes Programm ohne wirklichen Schwerpunkt. Panagiotis , der familiäre Wurzeln in Kefalovrisso hat, hörte von einem Objekt, das in Kefalovrisso leer stünde ... Nach einem bürokratischen Marathon erhielten sie endlich im Frühjahr 2020 von der Gemeinde Argos-Mykene einen Mietvertrag und konnten loslegen. Viele Sponsoren beteiligten sich an der Ausgestaltung – mit Spenden oder Sachwerten. Eine bekannte Marmorfirma aus Nafplio lieferte eine riesige Platte für die Küche mit den Ausmaßen 3,50 x 1,20 Meter (aus einem Stück wohlgemerkt) mit einem Gewicht von zirka 500 Kilogramm – edler schwarzer Marmor, der übrigens in Kefalovrisso gebrochen wird. Andere sponserten Herd, Kühltechnik, Geschirr und was man sonst noch so braucht. Dabei ging es nie um eine „normale“ Taverne, solche gibt es schließlich überall. Es ging von Anfang an um gesundes Essen aus biologischem Anbau, Fleisch von Tieren, die nie einen Schlachthof von innen gesehen haben, Eier von freilaufenden Hühnern, Kräuter aus der unbelasteten Natur rundum.

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Stavroula und Panajotis in ihrem "Haus der Griechischen Speisen"

Komplettes Paket für Gäste

Irgendwann kam die erleuchtende Idee: Was wäre, wenn wir die Häuser, die fast das ganze Jahr leer stehen, für unsere Besucher nutzen könnten? Erste Kontakte mit Hausbesitzern waren erfolgversprechend. Dabei ist das Konzept denkbar einfach: Der Verein nutzt die Häuser, kümmert sich um deren Instandhaltung, um die Wäsche. Die Eigentümer bekommen von dem, was der Verein einnimmt, ihren Anteil. Mittlerweile haben Stavroula und Panagiotis drei Häuser fest unter ihrer Obhut, Gespräche über weitere laufen. Sponsoren, Handwerker, Freiwillige, die Leistungen erbringen, erhalten übrigens kostenlose Unterkunft. Auf der Plateia unter der alten Platane ist nun jeden Sonntag etwas los. Yoga, Pilates, Wanderungen durch das Dorf. Individualtouristen aus vielen Ländern nutzen das Angebot. Für einen Pauschalpreis gibt es ein komplettes Paket. Und die Gäste können wählen: Wildschwein (Zu Beginn der Jagdsaison der absolute Renner!), Hähnchen mit Nudeln – der berühmte griechische „kokkoras me chilopittes“, gekochtes Ziegefleisch aus dem Kessel (absolute Delikatesse!), Salate aller Art oder auch ein komplettes vegetarisches Menü. Dazu gibt es die traditionellen griechischen Vorspeisen.

Angebote für Körper und Geist

Panagiotis kennt sich in der Umgebung gut aus. Er hat viele Freunde, die wertvolle griechische Produkte herstellen und gelegentlich ein paar „Muster“ zur Werbung dalassen.
Stavroula, die nach einer überstandenen schweren Krebserkrankung den Weg ins Leben zurückgefunden hat, ist inzwischen soweit, dass sie sagt: „Ich brauche die ganze Bürokratie nicht, hier könnte ich alt werden. Ich baue mein Gemüse selbst an, trinke Wasser aus der Quelle. Hier genügen mir fünf, sechs Stunden Schlaf, um mich komplett zu regenerieren, das schaffe ich unten in Nafplio nicht mit zehn.“ Und Panagiotis, der in Deutschland in mehreren griechischen Tavernen als Koch gearbeitet hat – Freiburg, Regensburg, Passau und zuletzt in Straubing – fühlt sich mittlerweile in Kefalovrisso wohl. „Wir wollen hier sozusagen eine Basisstation der Griechischen Küche aufbauen, und wer möchte, kann bei uns zur Schule gehen.“ Überflüssig zu erwähnen, dass Kefalovrisso viele Hundertjährige hervorgebracht hat. Und Stavroula ergänzt: „Uns schwebt etwas Ähnliches vor wie das deutsche Konzept der Jugendherbergen – preiswerte Übernachtung, interessante Angebote für Körper und Geist.“
Inwiefern es den beiden Initiatoren und ihrem Team gelingt, das Dorf komplett aus dem Dornröschenschlaf wiederzuerwecken, werden die nächsten Monate zeigen. Der Anfang ist jedenfalls vielversprechend.

Text und Fotos: Wilfried Jakisch

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