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„Ambrosische Sonnenuntergänge“

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„Ambrosische Sonnenuntergänge“

„Allmählich überzog uns der Zauber der Insel so sanft und anhänglich wie Blütenstaub. Jeder Tag trug eine Stille, eine Zeitlosigkeit mit sich, dass man wünschte, er würde niemals enden.“

Mit diesen Worten fasste Gerald Durrell, britischer Schriftsteller und Naturalist, seine Gefühle für die Insel Korfu zusammen, auf der er vor dem Zweiten Weltkrieg fünf Jahre verbrachte und 1954 ein Buch darüber veröffentlichte.

Leider hat der Autor nicht viel Text für das Eiland übrig, außer dass er dessen Griechen als ziemlich minderbemittelt darstellt, im Gegensatz zu seiner Familie, die er hoch und heilig als allem überlegen beweihräuchert.
Hier erlebte der legendäre Seefahrer Odysseus die heroischen Abenteuer, von denen die Sagen uns künden, die aber leider nur das sind: Sagen. An abenteuerlichem Potenzial mangelt es den Ionischen Inseln, angeführt von Korfu, jedoch bis auf den heutigen Tag nicht. Die ganze Region galt schon früh als touristisches Ziel, nicht zuletzt wegen ihrer „ambrosischen Sonnenuntergänge“, an denen sich natürlich nichts geändert hat. Heute nehmen die Ferienreisenden das Eiland im Sturm, nachdem andere Zielsegmente weiter östlich großenteils weggebrochen sind. Viele Ausländer haben sich auch dauerhaft auf Korfu angesiedelt, das ja zur EU gehört und, nebenbei bemerkt, einen beispielhaften Sicherheitsrekord sein eigen nennt.

Affinität zum Eiland

Die meisten Ankömmlinge bleiben in der Hauptstadt Kerkyra hängen. So nennt sich auch die ganze Insel auf Griechisch. „Korfu“, über ausländische Umwege, stammt von coryphe, hervor-ragend, siehe die deutsche Koryphäe. Es lohnt sich, Korfu nur wegen seiner Kapitale zu besuchen, denn sie hat mit Abstand am meisten an Sehenswertem aufzuweisen. Ihre Wurzeln liegen im 8. vorchristlichen Jahrhundert, und viele Völker hinterließen dort ihre Spuren: Korinther, Ost-Römer, Byzantiner sowie normannische Kreuzritter gaben ihre Debuts und versetzten die Insel nach und nach vom Orient in die westliche Sphäre. Dann kamen Venezianer, Franzosen und Engländer mit neuzeitlicheren Prägungen und dem Ergebnis, dass sich der europäische Adel von Korfu magnetisch angezogen fühlte. Vor allem nachdem die Insel 1854 endgültig Teil der jungen griechischen Nation wurde, erwiesen sich die Briten, die sich bis heute eine enge Affinität zu dem Eiland bewahrt haben, als insofern führend. (Wussten Sie, dass Prinz Philip auf Korfu geboren wurde? Die Stätte, Mon Repos, ist jetzt ein Museum).

Dankbare Insulaner

Aber auch deutsche Namen treten in der korfiotischen Geschichte in Erscheinung, darunter an erster Stelle der des Reichsgrafen Matthias Johann von der Schulenburg (1661-1747). Der in venezianischen Diensten stehende Feldherr rettete Korfu anno 1716 vor einem türkischen Ansturm von 65.000 Mann. Die dankbaren Insulaner stellten ihm dafür noch im gleichen Jahr ein prächtiges Denkmal in ihren Esplanade-Park, wo es noch heute zu bewundern ist. Auch Kaiser Wilhelm II. und Österreichs Sisi begeisterten sich für Korfu und urlaubten dort, und selbst Goethe wäre gern da gewesen, schaffte es aber nicht. In der Altstadt von Kerkyra lassen sich ganze Tage mit immer neuen Eindrücken verbringen. Aber auch ein Abstecher zum Kloster-Inselchen Vlacherna im Süden der City, eines der schönsten Fotomotive der Welt, ist ein Muss. Und alsdann mit Hurra an die Strände! Optimisten zählen neun, halten sich aber mit den Kriterien für die Auswahl zurück. Mit etwas Glück findet man trotz des riesigen Andrangs auf Griechenland sogar einen fast menschenleeren, vielleicht weil er ziemlich kiesig ist. Leider sind’s die allermeisten, weswegen „Badeschuhe“ empfohlen werden. Als Touri muss man halt auch mal ein Opfer bringen. Dafür präsentiert sich ihm aber auch eine Atmosphäre „sosanft und anhänglich wie Blütenstaub“ – sofern er oder sie sich nicht gerade in der Einflugschneise nach Kerkyra befindet.

Vlacherna sm
Das Inselchen Vlacherna ist ein weltweit berühmtes Fotomotiv.

Text und Fotos: Roland Hanewald

 

 

 

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