Warum nicht mal nach Anti? Mehrere griechische Inseln haben kleine Schwestern, die der Einfachheit halber auf den gleichen Namen getauft wurden. Nur mit einem Anti davor. Milos hat sein Antimilos, Kythira sein Antikythira, Paxos sein Antipaxos und Paros sein Antiparos. Manche der kleinen Schwestern sind bewohnt, andere liegen als karge, wasserlose Eilande im Meer. Warum nicht mal nach Antiparos, hieß es in diesem Jahr.
Anno 1987 war es, im Sommer in Athen. Die freundliche Dame mittleren Alters, die im kleinen Hotel in der Lekka-Straße morgens den Kaffee servierte, hatte offenbar Lust auf einen Plausch. „Wann haben Sie Urlaub?“, fragte ich. Im Oktober, wenn hier alles ruhiger ist. – „Und wohin fahren Sie dann?“ – „Ich brauche ein paar Tage absolute Ruhe; die finde ich auf Antiparos.“
Mächtig herausgeputzt
Heute, 30 Jahre später, würde man über die Insel sagen: Sie hat sich mächtig herausgemacht! Nein, sie ist nicht zugebaut. Dazu ist die etwa zwölf Kilometer lange, 35 Quadratkilometer große Insel an vielen Stellen zu karg. Die Bewohner und auch die Hotels konzentrieren sich um den Haupt- und Hafenort. Und dort hat sich viel getan. Einige Hotels sind noch im Bau. Aber überall im Ort findet der Gast Hotels oder Privatzimmer.
Natürlich ist es etwas umständlich, die kleine Insel zu erreichen. Man braucht die Fähre, die Antiparos mit Paros verbindet. Auf Paros wird heftig an der Erweiterung des Flughafens gebaut. Größere Maschinen werden für diesen Sommer erwartet, nicht nur die kleinen Inselhüpfer von Olympic Airways. Taxis oder der öffentliche Bus bringen ankommende Gäste nicht nur zur Hauptstadt Parikia, sondern auch zum Anleger zur Insel, nach Pounta. Mindestens einmal pro Stunde gibt es eine Fährverbindung.
Fünf kleine Strände
Antiparos – was kann man hier tun? Natürlich kann man, wie einst die Serviererin aus Athen, einfach die Beine oder die Seele baumeln lassen. Die Hafenbucht ist gesäumt von Cafés und einfachen Gaststätten. Am Hafen ist immer Leben. Nach ein paar Tagen kennt man ein paar Bewohner, die morgens mit dem Hund spazieren gehen, oder den Opa, der zum Bäcker am Anfang der Fußgängerstraße geschickt wird. Geschäfte und edlere Tavernen findet man an dieser Straße, die vom Hafen weg zur Platia und zum Kastro führt.
Natürlich kann man baden. Fünf kleine Strände in Stadtnähe, heißt es in der Werbung. Das sind keine Südseestrände. Aber Ursprünglichkeit wird von vielen Gästen geschätzt. Wer es exklusiv haben will, lässt sich zur unbewohnten Nebeninsel Despotiko übersetzen. Hier sind die Reste eines antiken Tempels entdeckt worden, der Apollo und seiner Zwillingsschwester Artemis geweiht war.
Am Ende der Hafenpromenade hat sich die englische Tauchschule Blue Island Divers niedergelassen. Mit dem Boot geht es hinaus in tiefere Gewässer, um die Unterwelt zu erkunden. Auf der Insel und gegenüber beim Anleger in Pounta gibt es gleich mehrere Kite-Surf-Schulen. Zum Beispiel die 1993 von George (Jorgos) Georgoudakis gegründete Schule Paroskite.gr. Begonnen hat das Familienunternehmen als Surfschule. Das Kiten ist hinzugekommen.
Natürlich kann man auf Antiparos Autos oder Motorräder leihen. Aber auch Fahrräder werden angeboten. Da die Insel in Wassernähe keine großen Steigungen aufweist, sind Fahrradausflüge ohne große Mühe machbar.
Anzugspunkt für Heimische und Touristen: Die Café- und Tavernenmeile.
Tropfsteinhöhle und Kastro
Antiparos hat auch eine absolute Sehenswürdigkeit, eine der spektakulärsten Tropfsteinhöhlen des Landes. Der Eingang an der Flanke des 300 Meter hohen Berges Profitis Ilias ist so groß, dass er schon immer bekannt war. Über rund 400 Treppenstufen geht es 90 Meter in die Tiefe. Erzählt wird, dass der Marquis de Nointel, Botschafter Frankreichs bei der Hohen Pforte, im Jahre 1673 hier unten die Weihnachtsmesse lesen ließ. Auch Lord Byron oder König Otto haben die Höhle besucht.
In der Saison gibt es die Möglichkeit, mit dem einzigen Inselbus zur Höhle zu fahren. In der Vorsaison ist das schwieriger. Als wir vor einigen Jahren mit einer Gruppe von Paros hinüberfuhren, sollte es den Bus schon geben. Er ist defekt, hieß es am Anleger. Wir hatten noch einige Tage Zeit. Morgen oder übermorgen vielleicht? Das wird wohl nicht klappen; der Bus ist schon seit Wochen defekt, bekamen wir zur Antwort. Wer braucht Anfang Juni schon den Bus?
Im Ort lohnt auf jeden Fall der Besuch des Kastro, der Burganlage aus der Zeit um 1440. Die Venezianer ließen sie anlegen, aber nicht als Festung auf einem Gipfel. Den gibt es in Ortsnähe nicht. Die rechteckige Anlage war immer auch bewohnt. 24 zweistöckige Häuser bilden das Karree. Nach außen haben die Wohnungen nur Schießscharten oder schießschartengroße Fenster. Im Inneren der Anlage erreicht man das obere Geschoss über die Außentreppe.
Der Wachturm steht in der Mitte, ist allerdings nur noch bis vier Meter Höhe vorhanden. Eine Kapelle wurde ebenfalls errichtet. Wo sollte man sonst bei Belagerung beten? Einige Wohnungen sind bis heute bewohnt. Lustig flattert die Wäsche im Wind. Andere Wohnungen werden gerade renoviert. Wer einmal Schlossherr oder Schlossherrin spielen möchte, kann sich einkaufen.
In Ortsnähe gibt es fünf nette Strände.
Volksfest für Schwimmer
Die Insel lebt im Sommer zwar von den Touristen, auch von Tagesgästen, die aus Parikia oder anderen Orten auf Paros herüberkommen. Aber auch im Winter stirbt Antiparos nicht aus. Exakt 1.211 Einwohner wurden bei der Volkszählung 2011 registriert. Zu ihnen bekommt man „Off-Season“ schnell Kontakt. Wer wie anno 1987 nur Ruhe braucht, kommt im November oder Anfang des Jahres auf seine Kosten. Allerdings kann es sehr stürmisch werden, sodass die Fähre manchmal ihren Dienst einstellt. Das sollte man für die Abreise einkalkulieren.
Auch im Sommer gibt es unter Umständen hohe Wellen. Das für Anfang Juli angesetzte Kanalschwimmen musste in diesem Jahr verschoben werden. Seit 2013 organisiert der Nautische Club von Antiparos das Schwimmen von Pounta zur Insel. Die Meerenge ist nur 1.500 Meter breit. Die Teilnehmer werden mit einem Volksfest belohnt.
Von Konrad Dittrich