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Paros – Sich auf den Kykladen durch den Sommer schmecken

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Eleni Tripolitsioti mit Papa Giorgos Eleni Tripolitsioti mit Papa Giorgos

Und immer wieder Paros. Die drittgrößte Insel der Kykladen gehört zu den touristisch betrachtet bestorganisiertesten, denn sie kann auf eine lange Tradition als Reiseziel zurückblicken. In den letzten Jahren haben die etwa 14.000 Einwohner der Insel aber noch einmal mehr auf sich aufmerksam machen können. Wer heute nach Paros fährt, der hat die Möglichkeit, sich auf kulinarische Pfade zu begeben – zwischen einer Wanderung oder einer anderen sportlichen Aktivität, nach dem Besuch einer kulturellen Sehenswürdigkeit oder eines parischen Marmorsteinbruchs. 

Stimmung zum Frühstück

Nach der Ankunft im Hafen von Parikia kehre ich in ein Café an der Promenade ein. Ich bestelle frischen Joghurt mit Obst, Honig und Walnüssen und genieße den Ausblick auf die bekannte Windmühle am Hafen. Der Dieselmotor eines alten Fischkutters bestimmt die Geräuschkulisse. Über den Kutter hinwegschauend bleibt mein Blick an den Einmastern haften. Diese liegen noch vor Anker, weil erst zum Nachmittag genügend Wind aufkommen soll. Erst dann können die Segelfans loslegen. Für meine Tour auf Paros bin ich hingegen auf keinen Wind angewiesen. Mich interessieren dieses Mal die lukullischen Genüsse der Kykladeninsel.  

Im Altstadtviertel

Geschäfte, Geschäfte und wieder Geschäfte! Meistens, um schöne Dinge einzukaufen: Attraktive Taschen, Kleidung, Schmuck, Souvenirs, für sich selbst, den Rest der Familie oder für Freunde. Doch ich staune lieber über die Auswahl an Leckereien in der Bäckerei „Ragoussis“. Seit 1912 wird hier für Insulaner und Gäste gebacken. Alles typisch griechische Süßigkeiten, Pitas und natürlich Brot. Die Bäckerei und Patisserie ist inzwischen modernisiert worden. Der Laden brummt an diesem Morgen. Ich frage einen alten Herrn hinter der Theke, ob ich ein kleines Gebäck (Mizithropitaki) aus Mizithrakäse und Teig haben könnte. Dieser nickt freundlich und reicht mir ein Stück auf einer Serviette. Als ich dafür zahlen möchte, winkt er nur lächelnd ab. „Das schenke ich Ihnen“, antwortet er mir. Später erfahre ich, dass er Kostas Ragoussis heißt und der Onkel des Geschäftsinhabers ist. Als ich von ihm ein Foto machen möchte, hat er nichts dagegen. Wenn ich es betrachte, denke ich gerne an diesen Moment zurück.

Kostas Ragoussis small

Kostas Ragoussis

Wein bei Moraitis

Wer nicht dorthin geht, ist selber schuld! Die Weinkellerei „Moraitis“ gehört zu den großen Highlights jedes kulinarischen Forschungsreisenden. Gegründet wurde sie im Jahr 1910 von Manolis Moraitis. Der Mann muss zu seiner Zeit ein Visionär gewesen sein. Es ging ihm darum, die lokalen Weinstöcke zu schützen und wieder  hoffähig zu machen. Seiner Arbeit als Winzer ist er so erfolgreich nachgegangen, dass heute parischer Wein weltweit genauso viel Ruhm hat wie der parische Marmor. Darüber hinaus darf man auf Paros, bis auf einige wenige Ausnahmen, nur die lokalen Reben kultivieren. 
Das Weingut Moraitis besteht heute in der vierten Generation. Theodoros Moraitis übernahm die Weinherstellung im Jahr 1967 und präsentierte seinen Landleuten die ersten firmeneigenen Flaschenweine. Der Enkel des Gründers, der wieder den Namen Manolis Moraitis trägt, begann 1980 mit dem Experimentieren von lagerungsfähigen Flaschenweinen und modernisierte die Weinkellerei von Grund auf. Die beiden Moraitis-Söhne Theodorís und Savvas sind nun die vierte  Winzergeneration auf Paros und intensiv in das Familienunternehmen involviert. Beide haben sich als Önologen im Ausland ausbilden lassen und experimentieren mit den inseleigenen Rebsorten. Die Basis dafür bilden die rote Mandilaria und die weiße Monemvasia. Bei Moraitis wird seit 1997 auch biologischer Anbau betrieben, Weißwein mit den Rebsorten Malagouzia und Assyrtiko, Rotwein aus der schwarzen Aidani Rebe und Cabernet Sauvignon. Alles darf natürlich auf dem Weingut Moraitis nahe dem Städtchen Naoussa gekostet werden. Und in jedem Fall sollte man eine Führung durch die Ausstellungsräume im Keller nicht versäumen, wenn man schon da ist. 

Theodoris und Savvas 4. Generation bei Moraitis small

Theodoris und Savvas – Die 4. Generation bei Moraitis

Gesundheits-Reisen

So beschreibt mir die Amerikanerin Michelle den Grund, warum sie nach Paros gekommen ist. „Wir können momentan wirklich von einem ganz heißen Trend auf der Welt ausgehen. Die Menschen suchen nach Antworten, wie sie im Alltag gesund bleiben können, und sie wollen im Urlaub lernen, wie sie sich auch zu Hause gesund ernähren können“, betont die junge Frau, die Wert auf gutes Essen legt. „Die Chefs in Amerika schreien regelrecht nach Lebensmitteln, die direkt aus dem Garten kommen. Für die Griechen ist das nichts Außergewöhnliches, es ist selbstverständlich. Viele haben das jeden Tag in ihrem Leben. Deshalb glauben wir alle, dass Griechenland im kulinarischen Bereich ganz groß herauskommen wird. Und auf Paros machen sie das richtig gut“. Die Begeisterung ist ansteckend und das bestätigt meine Theorie über das Griechenland der Zukunft.

Traditionelles Paros

Die Kykladeninsel Paros lebt von Traditionen: Der weltberühmte parische Marmor beispielsweise, aus dem alle antiken Skulpturen entstanden sind, der wird noch heute hier abgebaut. Seit eh und je ist es für Bewohner und Einheimische wiederum Usus, im Sommer am berühmten Felsenstrand Kolimbithres Beach zu baden. Aber der Gast sollte noch andere Entdeckungsreisen unternehmen: Etwa die Ortschaft Agios Prodromos besuchen, wo eine ganz besondere traditionelle Speise hergestellt wird. In der alten Taverne „Tsitsanis“ von Vlassis Roussos bekommt man noch immer eine echte „Revithada“ aufgetischt. Die Kichererbsensuppe gilt als Traditionsgericht Nr. 1 auf Paros. Das erzählt mir die junge Eleni Tripolitsioti, eine waschechte Parierin, die ich im „Tsitsanis“ kennenlerne. „In manchen Ortschaften auf Paros ist es noch immer so, dass die Einheimischen ihre Eintöpfe und Gerichte sehr früh am Morgen zum Bäcker bringen und dort im traditionellen Holzofen zubereiten lassen. Deshalb schmeckt der Kichererbseneintopf bei uns noch immer so wie zu Großmutters Zeiten. Das fertige Gericht kann um die Mittagszeit wieder beim Bäcker abgeholt werden.“
An diesem Tag steht Vlassis Roussos gemeinsam mit seiner alten Mutter Vasiliki hinter einem Tisch, um den Gästen eine frisch zubereitete Revithada aus dem Tontopf zu servieren. Auch haben sie nochmal alle Zutaten, die für die Zubereitung in Frage kommen, vor sich ausgebreitet: Kichererbsen, Zwiebeln, Kartoffeln, Lorbeer, Rosmarin, Zitronensaft, Salz und Pfeffer. Die Kichererbsen müssen über mehrere Stunden einweichen, dann kommen sie gemeinsam mit allen Zutaten in einen großen Tontopf, dessen Deckel schließlich mit einer Teigmasse luftdicht verschlossen wird. Das Ganze wird dann auf kleiner Flamme gekocht oder im Holzofen bei gleichbleibender Temperatur gebacken. Resultat: köstlich!

Vlassis Roussos mit Mutter Basiliki small

Vlassis Roussos mit Mutter Vassiliki

Erfahrung pur

Eleni Tripolitsioti macht dann den Vorschlag, mit ihr gemeinsam ihren Vater Jorgos aufzusuchen, der im Binnenland von Paros eine Plantage hat. Dort fährt er hin, um Wein zu ernten und die Reben mit Hilfe seiner Freunde auf traditionelle Art zu stampfen oder seinen eigenen Souma (Trester) zu brennen. Jorgos trocknet seine Feigen und Weintrauben, um sie haltbar zu machen und seinen Gästen als Süßigkeit zu servieren. Er trinkt seinen eigenen Wein und: Er bereitet seine eigenen Ziegengerichte zu. Das Gemüse stammt natürlich aus dem Eigenanbau. Mehr muss man von diesem Mann nicht wissen, um zu verstehen, warum seine Tochter Eleni so unglaublich stolz auf ihn ist. Was ich denke? – Dieses Wissen über Paros kann man sich nicht erlesen, man muss es selbst erleben!

Im Delikatessenladen

Auf Paros gibt es einen, der diesen Namen jedenfalls verdient. Bei Arsenis Loukis habe ich nicht nur typisch parische Spezialitäten entdeckt, sondern auch Köstlichkeiten von vielen anderen griechischen Inseln kennengelernt: Nougat aus Syros, Kekse aus Kea, Likör aus Amorgos, Mastix aus Chios, Erdnussbutter aus Thrakien und weiße getrocknete Bohnen von den Prespes-Seen. Die Kapern aber stammen von Paros. Ebenso der Käse und das biologisch angebaute Gemüse. Arsenis ist zum zweitgrößten Winzer der Insel aufgestiegen. Er hat auf 120 Hektar Wein angebaut und stellt einen sehr ausgewogenen biologischen Wein her. In seinem Leben hat dieser Mann eine 360-Grad-Wende vollzogen. Als Arsenis vor längerer Zeit plötzlich erkrankte, fand er zur Natur zurück. Alles bei ihm ist biologisch und naturschonend hergestellt. Und hat man seinen Delikatessenladen erst einmal betreten, möchte man nie wieder weg.

eingelegte Kapern aus Paros small

Eingelegte Kapern aus Paros

Bei Mario

Naoussa ist das Vorzeigestädtchen von Paros. Vor allem wegen seines reizvollen, idyllischen Hafens, der sich wie eine Schlange biegt und wendet und diesem nördlich gelegenen Küstenort etwas Geheimnisvolles verleiht. Vor allem gegen Abend, wenn sich Hunderte Touristen auf den kleinen Plätzen zum Abendessen versammeln. Auf einem dieser romantischen piazettas befindet sich das Restaurant „Mario“ –  vermutlich Naoussas feinste kulinarische Hochburg. Hier brummt allabendlich der Bär! Während die Chefs Nikos Gouplias und Jannis Bissas in der Küche mit zahlreichen anderen Köchen das Beste vom Besten zubereiten, wird man draußen von einer vibrierenden Geräuschkulisse mitgerissen. Kellner gibt es dort nicht viele, sondern sehr viele. Und sie kommen mit den Bestellungen kaum hinterher. Der Qualität tut dies keinen Abbruch, was für das Haus spricht. Und diese Stimmung ist auf Paros einmalig. Natürlich zahlt man bei Mario mehr als anderswo. Und natürlich fällt es dem Gast bei so viel Genuss nicht sonderlich schwer. 

Chefs Nikos Gouplias und Jiannis Bissas small

Die Chefs Nikos Gouplias und Jannis Bissas

Abschied bei „Apostolis“

Die erste Runde meiner kulinarischen Eskapaden auf der Insel geht dem Ende zu. Jetzt heißt es Abschied nehmen von Paros. Die Fähre lässt noch auf sich warten. Zeit, um Eleni Tripolitsioti anzurufen, um mich für ihre Unterstützung zu bedanken und Adieu zu sagen. Doch sie besteht auf ein letztes gemeinsames Mahl und will mich in wenigen Minuten in der Ouzotaverne „Apostolis“ treffen. Diese liegt nahe am Hafen von Parikia. Apostolis Vasilakis serviert uns bei einem Glas Ouzo die Vorspeisen Tarama (Fischrogenpaste), Bauernsalat und kalte Schwarzaugenbohnen mit Zwiebeln und Petersilie. Dazu gibt es gebratene Sardinen, beträufelt mit  Zitronensaft. Er selbst steht an der Tür und blickt glücklich zu uns herüber. Das sind für mich unbeschreiblich schöne Urlaubsmomente: die Griechen – authentisch im Umgang, großherzig im Geiste – sie wollen die Schönheiten, die die Natur ihnen gibt, mit anderen teilen. Über solche Erkenntnisse philosophiere ich nur allzu gern. Mir scheint, den Menschen auf Paros interessiert die Qualität des Lebens mehr als alles andere. Das erkenne ich auch daran, wie sie Paros aufrechterhalten. Sie haben gemerkt, dass es keinen Sinn macht, die Insel mit hässlichen Hotelanlagen zu verschandeln. Und ich denke ein weiterer Schlüssel ihres Erfolges ist: Einfaches, gutes Essen aus lokalen Produkten zuzubereiten. Eben das, was allein die griechische Erde hervorbringt. Kali orexi! (guten Appetit)

Apostolis Basilakis small

Apostolis Vasilakis

Text und Fotos von Marianthi Milona

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