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Im Flüchtlingscamp in Idomeni an der nordgriechischen Grenze herrschen nach der Schließung der Balkanroute am Mittwoch dramatische Zustände. Der Regen der letzten Tage hat das Gebiet in ein riesiges Schlammfeld verwandelt. Während nach letzten offiziellen Angaben im Camp 12.000 Flüchtlinge auf ihre Umverteilung innerhalb Griechenlands warten und eine unbekannte Zahl Menschen außerhalb des Lagers auf freiem Feld campiert, breiten sich Krankheiten aus.

Nach Informationen griechischer Medien wurden seit Montag mindestens 70 Kinder in das Krankenhaus der nahen Bezirkshauptstadt Kilkis eingeliefert. Die meisten von ihnen litten an Atemwegsproblemen oder Magen-Darm-Grippe. Weil die Kapazitäten in Kilkis nicht ausreichen, sollen weitere Krankheitsfälle nach Thessaloniki überstellt werden. Der Leiter des griechischen Seuchenzentrums KEELPNO Athanassios Jannakopoulos schlug am Dienstag der Presse gegenüber eher beschwichtigende Töne an: Sein Amt sehe zurzeit nicht die Gefahr von Epidemien.

Zugleich bereiten sich die griechischen Behörden darauf vor, Idomeni zu räumen. Dies bestätigte am Donnerstagmorgen auch der Sprecher des Koordinationsorgans der griechischen Regierung zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, Jorgos Kyritsis. Man werde die Menschen in Bussen an andere Orte bringen, je nachdem, wie die neuen Aufnahmezentren vorankämen. Medieninformationen, wonach Idomeni mit Polizeigewalt geräumt werden soll, dementierte Kyritsis.

Einige der dort festsitzenden Flüchtlinge und Migranten seien bereits abgezogen, teils in die neuen Camps und teils wieder zurück nach Piräus, hieß es in der griechischen Presse. Dort aber herrscht ebenfalls der Notstand, weil täglich neue Migranten und Flüchtlinge von den Inseln eintreffen. Laut Bulletin der griechischen Regierung befanden sich am Donnerstagmorgen rund 3.300 Menschen im Hafen von Piräus. Die als Notunterkünfte bereitgestellten Passagierterminals und früheren Lagerhallen – darunter ironischerweise auch ein Hafenspeicher, in dem ein „Migrationsmuseum“ geplant ist – platzen schon seit Tagen aus allen Nähten, und der Regen hat die Lage noch verschlimmert. Im Laufe des Tages sollen deswegen mindestens 1.000 Menschen aus Piräus in andere Unterkünfte in NeaMakri in Ostattika, bei den Thermopylen in Zentralgriechenland und in Trikala in Thessalien gebracht werden.

Auf den Ägäisinseln harren derweil immer noch fast 9.500 Flüchtlinge und Migranten aus, bei Kapazitäten für 7.450 Menschen in den Lagern und Hotspots auf den Inseln. Allein 2.273 von ihnen sind laut Regierungsangaben in den letzten 24 Stunden eingetroffen. Die Gesamtzahl der Flüchtlinge und Migranten in Griechenland betrug am Donnerstagmorgen demnach knapp 42.000. Zugleich bestehen im ganzen Lande Unterbringungskapazitäten für mindestens 23.000 Menschen, bei einer möglichen maximalen Auslastung von rund 30.000 Personen, teilte die Regierung mit. (Griechenland Zeitung / ak)

Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am heutigen Donnerstag und zeigt Flüchtlinge im Hafen von Piräus.

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In Griechenland stecken derzeit mindestens 37.000 Flüchtlinge und Immigranten fest. Das hat am Montag der für die Koordination zuständige stellvertretende Verteidigungsminister Dimitris Vitsas in einem Fernsehinterview festgestellt. Eine offizielle Umsiedlung von Asylanten in Länder West- bzw. Nordeuropas sei bisher lediglich in 766 Fällen genehmigt worden.

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Athen zeigte sich am Sonntag bei allen Problemen, die sich durch die Flüchtlingsströme ergeben, von seiner menschlichen Seite. Ungefähr 10.000 Bürger folgten einem Aufruf des Netzwerks für Soziale Solidarität und spendeten auf dem zentralen Syntagma-Platz Kleidung, Lebensmittel, Medikamente, Baby- und Hygieneartikel. „Seit 10 Uhr in der Früh sind sie ohne Unterbrechung gekommen und haben gespendet“, sagte ein Mitglied des Netzwerks. Die Aktion habe alle Erwartungen übertroffen. Sogar einen Teppich habe jemand als Gabe gebracht. 

Die Güter wurden mit zwei Lastwagen, die ein Spediteur zur Verfügung gestellt hatte, sowie mit den Pkw der Freiwilligen in ein Lagerhaus gebracht. Nach ihrer Sichtung und Sortierung werden sie an verschiedene Flüchtlingszentren in und um Athen sowie im nordgriechischen Grenzort Idomeni verteilt, wo wegen der faktischen Grenzschließung durch die Behörden der EJR Mazedonien tausende Flüchtlinge festsitzen. (Griechenland Zeitung / ak, Foto: © Eurokinissi)

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Mehrere hundert afghanische Flüchtlinge haben am Sonntag in der griechischen Hauptstadt Athen und im Hafen von Piräus gegen die vermeintliche Ungleichbehandlung gegenüber anderen Flüchtlingen und gegen ihre schlechte Unterbringung demonstriert.
Die Demonstration in Athen setzte am Viktoria-Platz ein, wo in den letzten Wochen hunderte Afghanen kampiert hatten, und führte zur EU-Vertretung im noblen Innenstadtviertel Kolonaki. Die rund 250 Demonstranten protestierten gegen den Beschluss mehrerer Länder entlang der so genannten Balkanroute nur noch Syrer und Iraker nach Mittel- und Westeuropa weiterreisen zu lassen. Sie forderten, als Flüchtlinge und Asylberechtigte anerkannt zu werden und weiterziehen zu dürfen. „Diese Menschen sind dem sicheren Tod entgangen, um hier einen langsamen Tod zu sterben“, sagte der Vorsitzende des Griechischen Flüchtlingsforums, Ahmed Muhammadi, der amtlichen Athener Nachrichtenagentur ANA-MPA. Auf Transparenten standen Parolen wie „alle Afghanen sind Flüchtlinge“ und „Asyl für die Flüchtlinge, nicht für den Rassismus“. Vor der EU-Vertretung skandierten die Demonstranten „Bitte öffnet die Grenzen!“
Zugleich kam es zu einer weiteren Kundgebung im Hafen von Piräus. Am Pier E2, wo jeden Tag neue Migranten von den Inseln eintreffen, demonstrierte eine Gruppe von Afghanen, unter ihnen viele Kinder, gegen die mangelhaften Unterbringungsbedingungen auf dem Hafengelände. Außerdem forderten auch sie, mit den Syrern und den Irakern gleichbehandelt zu werden. Momentan sollen mehr als 3.000 Flüchtlinge im Hafen von Piräus notdürftig untergekommen sein.
(Griechenland Zeitung / ak, Foto: © Eurokinissi)

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Ministerpräsident Alexis Tsipras trifft sich heute mit den Vorsitzenden der Parlamentsparteien. Ziel ist es, in Griechenland eine gemeinsame Strategie bezüglich der Flüchtlingskrise zu erarbeiten. Mit einer solchen Trumpfkarte im Gepäck möchte das Regierungsoberhaupt am kommenden Montag beim EU-Gipfel mit seinen europäischen Amtskollegen verhandeln. Athen wird vor allem die Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass das Flüchtlingsproblem nur auf europäischer Ebene in den Griff zu bekommen ist.

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