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Novartis-Affäre nimmt neue Züge an: Anonymität von Kronzeugen aufgehoben

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Unser Archivfoto (© Eurokinissi) entstand während des Prozesses zur Novartis-Affäre. Unser Archivfoto (© Eurokinissi) entstand während des Prozesses zur Novartis-Affäre.

Der Novartis-Fall – eine Bestechungsaffäre im großen Stil – wird in Griechenland wieder aufgerollt. Dieses Mal müssen jedoch auch die beiden bisher geschützten Zeugen ihre Aussage zu Protokoll geben. Es liegen mindestens 21 Klagen gegen sie vor.

Die vorgeblichen Straftaten würden in der Zeit zwischen November und Februar verjähren. In der vorigen Woche hatte die Staatsanwaltschaft beschlossen, dass die Anonymität dieser Zeugen aufgehoben werden muss; sie befänden sich in keinerlei Gefahr, so das Fazit. Die Klagen gegen die beiden stammen vor allem von Politikern, die in den Novartis-Fall verwickelt sind. Diese werfen den Augenzeugen u. a. Falschaussagen und Verleumdungen vor. Die Zeugen hatten hochrangigen Politikern – etwa ehemaligen Ministerpräsidenten als auch Gesundheitsministern – unterstellt, sich vom schweizerischen Pharmaunternehmen Novartis bestechen zu lassen. Die Kläger wollen vor allem erfahren, wer die Drahtzieher hinter den von den Kronzeugen gemachten Aussagen sein könnten. Gesundheitsminister Adonis Georgiadis sprach etwa von einem „Tag der Rechtfertigung“ für ihn und neun weiteren zu Unrecht angeklagte Kollegen des ursprünglichen Novartis-Falls.
Nur durch eine lückenlose Aufklärung könne man sicherstellen, dass sich die „Instrumentalisierung von Institutionen für politische Zwecke in Zukunft“ nicht wiederhole. Der ehemaligen Regierungschef Antonis Samaras (2012-2015) fügte hinzu: „Die Stunde der Wahrheit ist gekommen.“ Sein Vorgänger, Interimspremierminister Panagiotis Pikrammenos (Mai bis Juni 2012) zeigte sich optimistisch, dass die beiden Zeugen nun „die wahre Geschichte“ erzählen würden.

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Vor den Novartis-Büros in Athen

Aus den Reihen der früheren Regierungspartei SYRIZA ist hingegen die Rede von einem „Grabstein für die wichtige Institution des Zeugenschutzes“. Diese juristische Möglichkeit habe u. a. dazu beigetragen, dass der Novartis-Fall weltweit aufgedeckt werde, so SYRIZA. So etwa verwies das Linksbündnis darauf, dass Novartis in den USA 345 Millionen Dollar an die öffentliche Hand habe zahlen müssen; ein großer Anteil der Machenschaften von Novartis betreffe Griechenland. Der Vorsitzende der SYRIZA-Parlamentsfraktion Nikos Pappas stellte die rhetorische Frage: „Wie kann das jemand bestreiten, wenn das Unternehmen es selbst zugegeben hat?“ Der ehemalige SYRIZA-Chef Stefanos Kasselakis vermutete, dass künftig Zeugen in Fällen von Drogen, Trafficking oder staatlicher Korruption nicht mehr den Mut aufbringen könnten, auszusagen, wenn sie wüssten, dass ihnen die zugesagte Anonymität schnell wieder entzogen werden könnte.
Dem schweizerischen Konzern Novartis wurde in der Hauptsache vorgeworfen, zwischen 2006 und 2015 hochrangige Entscheidungsträger in Griechenland bestochen zu haben. Dadurch seien die Preise für einige Medikamente auffällig in die Höhe geschnellt. SYRIZA wurde hingegen mehrfach beschuldigt, mit Hilfe dieser Korruptionsaffäre eine Intrige gegen politische Gegner initiiert zu haben. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)

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