Am Montag und Dienstag (13./14.11.) führte Premierminister Kyriakos Mitsotakis einen offiziellen Besuch in Berlin durch. U. a. hat er sich dort mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Oppositionschef Friedrich Merz getroffen. Besprochen wurde etwa der Krieg in der Ukraine, die Flüchtlingspolitik, die bilateralen Beziehungen zur Türkei sowie die griechische Wirtschafts- und Energiepolitik.
Es war der erste offizielle Deutschlandbesuch von Premierminister Kyriakos Mitsotakis seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020. In der deutschen Hauptstadt hat sich der Besucher aus Athen am Dienstag (14.11.) mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz getroffen. Im Gespräch wurden die starken bilateralen Beziehungen bestätigt.
Konkret lagen auf dem Gesprächstisch auch heikle internationale Themen, etwa die Angriffe der Hamas auf Israel sowie der daraus resultierende Krieg im Gaza-Streifen. Einig waren sich beide Seiten, dass die Hamas eine terroristische Organisation ist und dass Israel ein Recht auf Selbstverteidigung hat. Damit bilden Mitsotakis und Scholz eine geschlossene Front gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der am Freitag (17.11.) zunächst Berlin und am 7. Dezember Athen besuchen wird.
Gute Kooperationserfahrung
Besprochen wurde in diesem Sinne auch die Lösung der Zypernfrage: Athen und Berlin haben sich als Ziel die Wiederaufnahme der Verhandlungen auf Basis der Vorschläge der Vereinten Nationen gesetzt. Der nördliche Teil des Inselstaates ist seit 1974 von türkischen Truppen besetzt und ist international nicht anerkannt. Die Republik Zypern im Süden des Landes ist griechischsprachig und EU-Mitglied; besonders enge Beziehungen werden dort zu Griechenland gepflegt.
Erörtert wurde außerdem die Lage der griechischen Wirtschaft. Dabei hob Mitsotakis hervor, dass das Einkommen der hellenischen Bürger gestärkt werde. Zudem ging er auf „Rekord-Zahlen“ in der Ferienindustrie ein. Immer mehr Urlauber würden in Griechenland ihren Urlaub verbringen; ein großer Teil von ihnen kommt aus Deutschland.
Das hellenische Regierungsoberhaupt hob zudem hervor, dass Deutschland bei der nächsten Internationalen Messe Thessaloniki als Gastland (Deth) geehrt wird. Außerdem verwies er mit Nachdruck darauf, dass eine große griechische Gemeinde in Deutschland lebe, die dort ein neues Zuhause gefunden habe.
Was den Krieg in der Ukraine angeht, so waren sich die beiden Politiker darin einig, dass man die Verteidigung dieses Landes weiterhin gemeinsam unterstützen müsse. Im September 2022 hatten sich Athen, Berlin und Kiew auf einen Ringtausch von Panzern geeinigt: Griechenland schickt Panzer einer älteren Generation in die Ukraine und erhält dafür modernere Fahrzeuge aus Deutschland.
Leichte Uneinigkeit herrschte hingegen bei der Frage der EU-Perspektive Albaniens. Zwischen Athen und Tirana herrscht sei dem Mai eine kleine Eiszeit, nachdem ein Bürgermeister der griechischen Gemeinde in Südalbanien unter fadenscheinigen Gründen verhaftet und noch immer nicht auf freien Fuß gelassen wurde.
Letztendlich wurde auch die Migrationsfrage thematisiert. Dabei brachte Mitsotakis seine Befürchtung zum Ausdruck, dass künftig noch mehr Asylsuchende aus dem Nahen Osten Zuflucht in Griechenland suchen könnten. Er verlieh der Tatsache Ausdruck, dass Griechenland an der EU-Außengrenze liege und dass Deutschland das letztendliche Ziel vieler Immigranten sei. Außerdem suche Athen eine engere Kooperation mit der Türkei in dieser Frage, so Mitsotakis: Man dürfe nicht zulassen, dass Menschenschmuggler darüber entscheiden, wer nach Europa komme und wer nicht.
„Unsere Politik war erfolgreich“
Noch deutlicher hatte sich Mitsotakis am Montag während einer Veranstaltung der Konrad Adenauer-Stiftung im Rahmen eines Gesprächs mit dem Vorsitzenden der CDU Friedrich Merz ausgedrückt. Hier sprach er davon, dass Deutschland ein Magnet für Immigranten sei und dass die griechische Grenze da nicht mithalten könne. Er forderte eindringlich: „Wir brauchen mehr Hilfe, wir brauchen mehr Geld“.
Während dieser Gesprächsrunde machte Mitsotakis auch die von seiner Regierung seit seinem Wahlsieg im Jahr 2019 transparent: „Unsere Politik war erfolgreich“, resümierte er. Die griechische Wirtschaft entwickle sich schneller als der EU-Durchschnitt. Ein Teil des griechischen Erfolgsrezeptes, so der Regierungschef, sei die Senkung der Steuern und gleichzeitig die Bekämpfung der Steuerflucht.
Die 2010 begonnene Finanz- und Wirtschaftskrise beschrieb Mitsotakis als eine „traumatische Periode unserer zeitgenössischen Geschichte“. Er fügte hinzu: „Griechenland hat die Jahre der Krise überstanden“ und „das Griechenland der Krise ist nicht das gleiche Griechenland wie das heutige.“
Griechenland als Energieknotenpunkt
Merz und der Vorsitzende der Konrad Adenauer-Stiftung Norbert Lammert, der die Veranstaltung moderierte, sind sich darin einig gewesen, dass Hellas gute Investitionschancen für deutsche Unternehmen biete.
Mitsotakis erinnerte vor diesem Hintergrund auch daran, dass sein Land ein Energieknotenpunkt zwischen Afrika und Europa werde. Eine wichtige Rolle spielten dabei erneuerbare Energiequellen, die im Zuge einer guten Kooperation Nord- und Südeuropa das ganze Jahr über mit Strom versorgen können. Ein weiteres wichtiges, damit verbundenes Thema, seien der Klimawandel und die Bekämpfung von Naturkatastrophen. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)