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Neues Kapitel für die Griechisch-Türkischen Beziehungen Tagesthema

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Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am Mittwoch (12.7.) in Vilnius während eines Treffens zwischen Premierminister Kyriakos Mitsotakis (l.) und türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am Mittwoch (12.7.) in Vilnius während eines Treffens zwischen Premierminister Kyriakos Mitsotakis (l.) und türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

In der Psychologie der bilateralen Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei habe sich viel verändert. Das stellte Premierminister Kyriakos Mitsotakis am Mittwoch (12.7.) nach einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Rahmen eines NATO-Gipfeltreffens im litauischen Vilnius fest.

Bei diesem Treffen sei der Wille für einen Neubeginn der griechisch-türkischen Beziehungen zum Ausdruck gekommen, so Mitsotakis. Die beiden Regierungs- bzw. Staatsoberhäupter der Nachbarländer seien sich darin einig gewesen, dass sie sich bis zum Ende des laufenden Jahres mindestens noch einmal treffen wollen. Eine gute Gelegenheit biete dafür die UN-Generalversammlung im September in New York; man wolle sich künftig prinzipiell auf eine positive Agenda konzentrieren, so Mitsotakis.

Höchster Kooperationsrat
Ein weiteres Treffen könnte auch im Herbst in der nordgriechischen Stadt Thessaloniki durchgeführt werden. Dann soll dort der Höchste Kooperationsrat zwischen Griechenland und der Türkei tagen. Mit der Organisation dieses Events wurden die beiden Außenminister beider Länder, Jorgos Gerapetritis und Hakan Fidan, beauftragt. Ziel ist die Aufwertung des bilateralen politischen Dialogs zu „schwierigen Fragen“. Hellas machte allerdings immer wieder darauf aufmerksam, dass es in diesem Sinne nur eine Differenz zwischen beiden Ländern anerkenne: die Ausschließliche Wirtschaftszone in der Ägäis.
Seit März vorigen Jahres waren die Beziehungen zwischen beiden Ländern frostig. Erst im Februar dieses Jahres setzte mit der sogenannten Erdbeben-Diplomatie Tauwetter ein, als verheerende Erdstöße die Türkei heimgesucht hatten. Griechenland war damals das erste Land, das tatkräftig Hilfe geleistet hatte. In Ankara wurde diese solidarische Geste sehr positiv registriert. Seither herrschen gute nachbarliche Beziehungen in der Ägäis; so etwa kam es seit damals zu keinen Überflügen türkischer Kampfjets über griechische Inseln, was zuvor mehr oder weniger zur Tagesordnung gehörte.

Aufbau des Vertrauens
Auf diesem „positiven Momentum“ wollen Mitsotakis und Erdogan nun weiter aufbauen. Aus diesem Grund sollen vor allem Maßnahmen zum Aufbau des gegenseitigen Vertrauens vereinbart werden. Auch Gesprächsrunden, die auf dieser positiven Agenda basieren, sollen ins Leben gerufen werden. Diese betreffen Kooperationen in Wirtschafts- sowie Energiefragen, Handel, Tourismus und in der Flüchtlingsfrage. In diesem Zusammenhang planen auch die diplomatische Beraterin von Mitsotakis Maria Boura und der Chefberater von Erdogan Akif Cagatay Kilic eine Intensivierung ihrer Kontakte. Auch die beiden Verteidigungsminister Nikos Dendias und Yasar Güler wollen auf den Ausbau von Maßnahmen des gegenseitigen Vertrauens setzen, um möglichen Spannungen vorzubeugen.
Ein nach wie vor bestehendes Konfliktpotenzial ist auch der türkische Versuch, Einfluss auf die muslimische Minderheit in Nordgriechenland zu nehmen. Diese setzt sich aus türkischstämmigen Griechen, Pomaken und Roma zusammen.

„Spiel nach unseren Regeln“
Nach dem Treffen mit Erdogan stellte Mitsotakis fest, dass es im Interesse des Westens sei, wenn die Türkei „nach unseren Regeln spielt“ und einen engeren Kontakt zum Westen knüpfe. „Ich sehe das Glas halbvoll, nicht halbleer“, fügte der griechische Regierungschef hinzu: „Wir können in Frieden miteinander leben.“
Während des Gipfeltreffens in Vilnius hatte Erdogan vor allem auch das türkische Veto gegen eine NATO-Beitritt Schwedens zurückgezogen. Dies wurde nicht zuletzt auch von der griechischen Seite begrüßt. Im Gegenzug hatte die Türkei mit den USA die Beschaffung von Kampfjets des Typs F-16 bzw. deren technische Aufwertung ausgehandelt. Erdogan stellte fest, dass Ankara diese nicht gegen Griechenland und andere NATO-Mitglieder einsetzen werde. „Es geht uns nicht darum, Feinde zu schaffen“, kommentierte er in diesem Zusammenhang. Vielmehr wolle man „mehr Freunde gewinnen“. Griechische Beobachter verweisen darauf, dass Ankara bereits erste Schritte unternommen habe, um die Beziehungen zu anderen Ländern, etwa zu Ägypten und Israel, neu zu gestalten. Ankara, so die Meinung vieler, bleibe jedoch ein unberechenbarer Partner. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)


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