„Du kannst dir nicht etwas ausleihen, was dir gestohlen worden ist.“ Dies stellte Oppositionschef Alexis Tsipras vom Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) über die Marmorskulpturen des Parthenon fest. Zuvor hatten britische Medien von einer Leihgabe bzw. einem Austausch der Skulpturen zwischen dem British Museum und Athen gesprochen.
Dabei warf der Oppositionschef der griechischen Regierung vor, das Thema für ihre Wahlkampagne ausschlachten zu wollen. Dies stehe außerhalb jedes Rahmens der Moral und des Rechts, so Tsipras. – Die Legislaturperiode der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) endet im Sommer, vorverlegte Parlamentswahlen finden aber wahrscheinlich schon im April statt.
Der frühere Regierungschef (2015-2019) vertrat die Auffassung, dass man keinem Staat noch sonstigen Institutionen „ein etwaiges Recht auf die gestohlenen Marmorskulpturen des Parthenon“ zuerkennen dürfe, „geschweige denn auf deren Besitz“.
Blick auf den Parthenon
Jahrzehntelange Debatte
Vor diesem Hintergrund rief der Vorsitzende von SYRIZA die Regierung dazu auf, die Opposition sowie die Archäologen des Landes detailliert über entsprechende Absichten zu informieren. Die Einbeziehung dieses Themas in den Wahlkampf werde die Arbeit Athens in den bevorstehenden Jahren weiter erschweren, so die Befürchtung des Linkspolitikers. Er erinnerte daran, dass die Forderung der Rückgabe der Marmorskulpturen bereits 1830 mit der Gründung des griechischen Staates begonnen hatte. In den 80er Jahren hatte die damalige Kulturministerin Melina Merkouri diesem Thema erstmals eine größere internationale Aufmerksamkeit verschafft.
Im Museum
Meinung der Archäologen
Die Vorsitzende der Vereinigung der Archäologen Griechenlands Vaso Koutsoumba resümierte im Zuge eines Treffens mit Tsipras, dass sich die Archäologen darum bemühen, dass das Thema von der UNESCO als ein Bereich anerkannt wird, der zwischen den beiden Regierungen gelöst werden müsse. Dieses Ziel sei nun von Premier Kyriakos Mitsotakis unterminiert worden, als er sich mit der Führung des British Museums getroffen hatte, kritisierte Koutsoumba. Die Archäologin rief die Regierung dazu auf, alle Parteien über ihr Vorhaben in dieser Frage zu informieren.
Die SYRIZA-Pressesprecherin Popi Tsopanidou fügte hinzu, dass bisher keine griechische Regierung dieses Thema für ihre eigenen parteilichen Zwecke benutzt habe; vielmehr handle es sich um „ein Thema das alle Griechen vereint“. Sie verwies darauf, dass die SYRIZA-Regierung im Jahr 2018 den Weg geebnet habe, damit die UNESCO die „moralische, kulturelle und juristische Dimension dieses Themas anerkennt“.
Besuch im Akropolis Museum
Auf Lösungssuche
Die konservative Kulturministerin Lina Mendoni warf Tsipras daraufhin vor, nichts in dieser Frage geleistet zu haben, als er noch Premierminister gewesen sei. Die Aktivitäten der amtierenden Regierung hätten hingegen dazu geführt, dass die UNESCO anerkannt habe, dass das Thema der Rückkehr der Marmorskulpturen zwischen den beiden Regierungen gelöst werden müsse. Außerdem habe die ND-Regierung dazu beigetragen, dass die öffentliche Meinung in Großbritannien angesichts dieser Frage mehrheitlich auf der Seite Athens stehe.
Staatsminister Jorgos Gerapetritis fügte in einem Fernsehinterview hinzu, dass Athen tatsächlich in Kontakt mit dem British Museum stehe. Nicht akzeptiert werde allerdings, dass das Museum als Besitzer der Skulpturen fungiere. Die Regierung suche nach einem geeigneten juristischen Weg, um die Kunstwerke zurück nach Griechenland zu bringen. In diesem Zusammenhang erinnerte er daran, dass andere Teile der Marmorskulpturen des Parthenon bereits aus Sizilien sowie aus dem Vatikan nach Hellas zurückgegeben werden. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)