Am Freitag wurden im Persischen Golf in Gewässern vor dem Iran zwei griechische Tanker gekapert. Athen, Brüssel und Paris reagierten scharf auf diese gesetzwidrige Handlung Teherans. Die Besatzungsmitglieder sollen gesundheitlich wohlauf sein.
„Wir sind das Gesetz hier.“ Mit diesen Worten haben am vorigen Freitag (27.5.) Mitglieder der Iranischen Revolutionsgarde (IRGC) gewaltsam zwei griechische Handelsschiffe übernommen, die unter griechischer Flagge im Persischen Golf unterwegs waren. Es handelt sich um die Schiffe Delta Poseidon und Prudent Warrior.
Die Soldaten riefen die Besatzungsmitglieder dazu auf, jegliche Waffen sowie ihre Mobilfunktelefone abzugeben; es werde ihnen nichts geschehen, so lange sie sich den Forderungen fügen würden. Am Wochenende erhielten die Seemänner – außer zehn Griechen, waren auch Staatsbürger der Philippinnen und Zyperns darunter – die Gelegenheit, Kontakt mit ihren Familien und den Reedereien aufzunehmen. Gekapert worden waren die Tanker mit Hilfe eines Hubschraubers. Die Schiffe wurden in die Nähe des Hafens von Bandar Abbas im Süden des Irans geleitet.
„Entführung und Piraterie“
Die griechische Seite spricht unverhüllt von Entführung und Piraterie. Teheran hingegen lässt „Vergeltungsmaßnahmen“ verlauten. Der Hintergrund dafür sei, dass Mitte April Erdöl aus dem Iran in griechischen Gewässern beschlagnahmt worden sei. Diese Fracht sei mit dem russischen Schiff Pegas unterwegs gewesen, der Vorfall habe sich südlich der griechischen Insel Euböa ereignet.
Athen erklärte, dass diese Tat aufgrund der Sanktionen erfolgte, die gegen Russland verhängt wurden. Der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim zufolge soll das Erdöl anschließend weiter in die USA transportiert worden sein.
Der gleichen Quelle zufolge erklärte der Pressesprecher des iranischen Außenministeriums Saeed Khatibzadeh, dass sich Teheran und Athen seit der Antike vom gegenseitigen Respekt leiten ließen. Dieser solle nicht „durch Fehlkalkulationen einer dritten Partei behindert werden“ – gemünzt war dies auf die USA. – Internationale Beobachter warnen unterdessen, dass weitere Tanker, die sich unter griechischer Flagge im Persischen Golf aufhalten, beschlagnahmt werden könnten.
Internationale Reaktionen
Scharf kritisiert wurde der Vorfall nicht nur von Athen, sondern auch von der Europäischen Kommission. Deren Pressesprecher Peter Stano brachte Bedenken angesichts einer „unakzeptablen Besitzergreifung von zwei griechischen Schiffen“ zum Ausdruck. Er appellierte an die iranischen Behörden, auf eine schnelle Aufklärung, Lösung und Deeskalation der Situation hin zu arbeiten. Die Freiheit der Schifffahrt und des Handels gehören zu den Grundsätzen der EU, so Stano.
Auch Frankreich rief den Iran dazu auf, die beiden griechischen Tanker frei zu geben. Paris sprach von einer „Missachtung des internationalen Rechts“. Kritisiert wurde der Vorfall nicht zuletzt vom Außenministerium Großbritanniens. Bereits vor etwa drei Jahren war London mit einem ähnlichen Fall konfrontiert.
Der griechische Minister für Handelsschifffahrt und Inselpolitik Jannis Plakiotakis stellte fest, dass solche Aktionen die bilateralen Beziehungen in Mitleidenschaft ziehen würden.
Eintrübung bilateraler Beziehungen
Unterdessen sandte das griechische Außenministerium eine scharfe Demarche an den Botschafter des Irans in Athen. Auch hier war die Rede von einer Eintrübung der bilateralen Beziehungen sowie des Verhältnisses zwischen dem Iran und der EU. Der Generalsekretär des Außenministeriums Themistoklis Demiris sprach von „gewalttätiger Kaperei“, die mit Aktivitäten von gewöhnlichen Piraten zu vergleichen sei.
Auch aus den Reihen der größten Oppositionspartei SYRIZA war die Rede von einer „inakzeptablen Aktion“, die nicht einfach als Vergeltungsmaßnahme für die Einbehaltung eines russischen Schiffs mit iranischen Gütern gerechtfertigt werden könne.
Die 2017 gebaute Prudent Warrior nutzt die Insel Andros als ihren Heimathafen. Sie ist 274 Meter lang und 48 Meter breit. Sie gehört der Reederei Polembros von Spyros Polemis. Die Delta Poseidon wurde 2011 gebaut. Ihr Heimathafen ist Piräus. Sie gehört der Reederei Delta Tankers unter Führung von Diamantis Diamantidis. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)