In Griechenland nehmen gewalttätige Übergriffe von Neofaschisten vor allem gegenüber Mitgliedern der kommunistischen Jugend zu. Parteien aus dem linken politischen Spektrum rufen zu großer Vorsicht auf. Am Donnerstag dieser Woche kommt es landesweit zu antifaschistischen Kundgebungen.
Seit mindestens zwei Wochen machen neofaschistische und rechtsradikale Gruppierungen in Griechenland wieder lautstark auf sich aufmerksam. Am Dienstag und Mittwoch der vorigen Woche (28./29.9) kam es zu brutalen Übergriffen vor einer Schule im Vorort Stavroupolis in der nordgriechischen Metropole Thessaloniki. Vermummte, die einer rechtsradikalen Gruppierung zugeordnet werden, attackierten vor dem Schulgebäude Demonstranten, die der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) und deren Jugendorganisation (KNE) nahestehen. Sie hatten dort auf einen ähnlichen Vorfall aufmerksam gemacht, der sich bereits eine Woche zuvor vor der gleichen Schule ereignet hatte.
„Organisierter Plan“
Ähnliche Vorfälle ereigneten sich auch an diesem Wochenende. Am Sonntag (3.10.) schlugen in zwei Vororten Athens und Thessalonikis Rechtsradikale auf Demonstranten antifaschistischer Kundgebungen ein. Verhaftet wurde ein mutmaßlicher Täter. Es stellte sich heraus, dass dieser Kontakte zu nationalistischen Organisationen etwa in Deutschland, Russland und in Frankreich unterhalten soll.
Die größte Oppositionspartei des Landes, Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA), als auch die KKE verurteilen diese brutalen Zwischenfälle scharf. Gleichzeitig werfen sie der Regierung unter der konservativen Nea Dimokratia vor, solche Taten zu dulden. Durch die Auffassung, dass diese Gewalt angeblich „durch zwei Extreme“ – sprich: auf der rechten und auf der linken Seite – verursacht werde, würden die Neofaschisten sogar noch dazu ermuntert, kritisierten die beiden Parlamentsparteien.
In einer SYRIZA-Mitteilung wird Premierminister Kyriakos Mitsotakis dazu aufgerufen, „endlich mit den gefährlichen politischen Spielchen aufzuhören, bevor es zu spät ist“. Die erfolgten Gewalttaten ließen einen „organisierten Plan“ erkennen, so die Einschätzung der Linken.
„Nützliche Waffe des Systems“
Seitens der KKE war die Rede von einem „Angriff auf das Volk und die Jugend“. Der KP-Einschätzung zufolge sei der „Faschismus eine nützliche Waffe des Systems“.
Bürgerschutzminister Takis Theodorikakos zeigte sich hingegen „geschockt“, als Jugendliche vor Schulen den Hitlergruß zeigten. Er werde „mörderische Organisationen“, wie es die faschistische Chryssi Avgi gewesen sei, nicht wieder erlauben, stellte er klar.
Am 7. September 2020 wurde diese Partei, die zwischen 2015 und 2019 auch im Parlament vertreten war, vom Obersten Gerichtshof, dem Areopag, als eine kriminelle Organisation verurteilt. Der Prozess dauerte geschlagene fünfeinhalb Jahre. Viele der ehemaligen Funktionäre, darunter auch der einstige Parteichef, verbüßen langjährige Haftstrafen.
Beobachter meinen, dass die Aktionen der letzten Tage durchaus vor dem Hintergrund der Chryssi Avgi betrachtet werden könnten. Zum ersten Jahrestag der Urteilsverkündung, am Donnerstag dieser Woche (7.10.), finden im ganzen Land antifaschistische Kundgebungen statt, darunter um 18 Uhr vor dem Berufungsgericht an der Alexandras-Avenue in der Hauptstadt Athen. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)