Steuererleichterungen
Die dafür notwendigen
Finanzmittel will Tsipras durch eine „gerechte Versteuerung der
Bürger" erwirtschaften. Im Klartext: Reiche Griechen sollen stärker
zur Kasse gebeten werden. Die Linksallianz rechnet dadurch mit
zusätzlichen Einnahmen in Höhe von drei Milliarden Euro pro Jahr.
Tsipras bezog sich vor allem auf Daten-Listen von Griechen, die auf
ausländischen Banken Guthaben angelegt haben, die eventuell aus
Steuerhinterziehung resultieren könnten. Von der jetzigen
Regierung, so der Linkspolitiker, seien diese Guthaben nur
ungenügend berücksichtigt worden. Unter die Lupe genommen werden
müssten zudem zahlreiche Off-Shore-Unternehmen sowie Immobilien
griechischer Staatsbürger, die diese im Ausland erworben haben.
Alles das, so der SYRIZA-Mann, seien wichtige Quelle für eine
gerechte Besteuerung.
In diesem Zusammenhang bezog sich Tsipras auf Feststellungen der
geschäftsführenden Direktorin der Internationalen Währungsfonds
Christine Lagarde. Sie hatte in einem Interview erklärt, dass sie
in der Vergangenheit Drohungen erhalten habe, weil sie das
Besteuerungsthema in Griechenland öffentlich angesprochen hatte.
Weiterhin will der SYRIZA-Chef die seiner Heimat seitens der EU
zustehenden Gelder effizienter zum Einsatz bringen.
Vorverlegte Parlamentswahlen
Tsipras zeigte
sich vor allem äußerst selbstbewusst, dass er die nächsten
Parlamentswahlen gewinnen werde. Alle Meinungsumfragen weisen dem
Linksbündnis derzeit einen Vorsprung im Falle eines Urnenganges
aus. Der SYRIZA-Vorsitzende sprach am Samstag davon, dass man „am
besten bereits gestern" die Wahlen hätte durchführen müssen.
Ob er allerdings im Falle eines Wahlsieges eine eigenständige
Regierung bilden könnte, bleibt unklar. Zwar ist es laut Wahlgesetz
derzeit so, dass die stärkste Partei bei einem Sieg 50 Bonus-Sitze
erhält, doch in der Zweiparteienregierung aus ND und PASOK zieht
man in Betracht, diese Bonus-Vergabe zu ändern.
In der Absicht, das Tor für mögliche Verbündete zu öffnen, hat
Tsipras am Samstag erklärt, dass er auf den Stimmzetteln seiner
Partei auch „Kooperationen" berücksichtigen möchte. Dieses Angebot
dürfte sich nicht zuletzt an Politiker der sozialistischen
Regierungspartei PASOK sowie des früheren Regierungspartners DIMAR
gerichtet haben. Beide Parteien haben im Zuge der Finanz- und
Wirtschaftskrise stark an Wählerkraft eingebüßt. Analysten schätzen
ein, dass die meisten ehemaligen PASOK-Anhänger zu SYRIZA
übergelaufen sein dürften. Dass SYRIZA allerdings mit der ND oder
der PASOK gemeinsam regieren könnte, schloss Tsipras entschieden
aus.
Keine staatliche Live-Übertragung
Scharfe
Kritik kassierte in der Tsipras-Rede die jetzige Regierung unter
Antonis Samaras u.a. deshalb, weil seine Rede in Thessaloniki nicht
vom erst kürzlich neu gegründeten staatlichen Rundfunk- und
Fernsehen (NERIT) übertragen wurde. Der Linkspolitiker versprach,
dass er im Falle einer Regierungsübernahme den Vorgängersender ERT
wieder zum Leben erwecken werde; ein solcher müsse „nicht von der
Regierung, sondern von den Menschen" geleitet werden.
Unser Archiv-Foto stammt von Eurokinissi und zeigt
Oppositionsführer Tsipras während einer früheren Veranstaltung.
Elisa Hübel