Das Flüchtlingslager Moria auf der Ägäis-Insel Lesbos wurde am Mittwoch (9.9.) fast komplett zerstört. Nachdem es bereits in der Nacht zuvor an mehreren Stellen heftig gebrannt hatte, brachen am Abend gegen 19 Uhr weitere Feuer im südlichen und östlichen Teil des Lagers aus, die bis dahin noch unversehrt waren. Es kam u. a. zu mehreren Explosionen, die durch Gaskartuschen verursacht wurden.
Viele der Betreffenden mussten provisorisch auf Straßen und den umliegenden Feldern übernachten. Lediglich für Familien mit Kindern sowie Senioren konnte ein Passagierschiff zur Verfügung gestellt werden, dass zu diesem Zweck nach Lesbos beordert worden war.
Am Donnerstag werden noch zwei Schiffe der Kriegsmarine erwartet, die ebenfalls Asylsuchende beherbergen sollen. Um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, hat die Polizei den meisten Migranten den Zutritt zur Inselhauptstadt Mytilini untersagt, wobei auch Tränengas zum Einsatz kam. Unter den knapp 13.000 Asylsuchenden sind mindestens 35 Personen, die mit dem Coronavirus infiziert sind; lediglich acht konnten erneut in Quarantäne gebracht werden, von den anderen fehlt bisher jede Spur. Viele Bewohner der Insel befürchten, dass nun eine Welle von Corona-Infektionen heranrollen könnte.
Lokale Politiker sowie ein Teil der Opposition haben sich gegen den Bau von geschlossenen Flüchtlingslagern in abgelegenen Orten der Insel eingesetzt, wie es der Plan der Regierung vorsieht.
408 unbegleitete Minderjährige sollen in die nordgriechische Metropole Thessaloniki ausgeflogen werden. Sie werden dort in Hotels untergebracht, zudem müssen sie sich Corona-Tests unterziehen. Außerdem müssen sie aus vorbeugenden Gründen für zehn Tage in Quarantäne bleiben.
Für Lesbos wurde für die kommenden vier Monate der Notstand ausgerufen. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis stellte fest, dass die Handhabung der Flüchtlingswelle in erster Linie „eine europäische Angelegenheit“ sei. Der Vizepräsident der EU-Kommission Margaritis Schinas, der gleichzeitig Kommissar für die Förderung des europäischen Lebensstils und damit zuständig für Migration, Gleichheit und Diversität ist, wird am Donnerstag die Situation auf Lesbos in Augenschein nehmen. Am Freitag steht ein Treffen mit Premier Mitsotakis auf dem Programm, dessen Partei Nea Dimokratia Schinas angehört. (Griechenland Zeitung / eh)