Die Inseln im Osten der Ägäis weigern sich, die Lasten der Flüchtlingskrise weiterhin allein zu tragen. Sie rufen die Gemeinden auf dem Festland dazu auf, Solidarität zu üben. Von der Regierung fordern sie, einen Plan für neue geschlossene Aufnahmelager auf den Inseln zu annullieren.
Das Thema des Zustroms von Asylsuchenden nach Griechenland beschäftigt nach wie vor die Regierung in Athen. Der Plan, neue geschlossene Aufnahmezentren auf den Inseln Chios, Samos, Leros und Lesbos einzurichten, stößt bei den jeweiligen Gemeinden auf Protest. Die Bürgermeister rufen die Regierung dazu auf, die Entscheidungen der Stadträte zu respektieren.
Tausende Asylanten auf Lesbos
Der Bürgermeister von Westlesbos Taxiarchis Verros wiederholte seinen Vorsatz, seinen Rücktritt einzureichen, sollte die Regierung ihre Pläne realisieren. Am Wochenende hatte der Staatssekretär für Flüchtlingsfragen im Verteidigungsministerium Alkiviadis Stefanis die Insel besucht. Er hatte dabei die Einrichtung einer solchen Anlage an der Grenze zwischen den Gemeinden von Mytilini und Westlesbos angekündigt. Hier sollen bis zu 7.000 Menschen untergebracht werden können. Auf der Insel befinden sich derzeit 19.000 Asylsuchende. Die Mehrheit – knapp 17.000 – ist im Aufnahmelager von Moria untergebracht. Dieses ist damit hoffnungslos überfüllt. Konzipiert wurde es mit einer Kapazität für rund 3.000 Flüchtlinge. Insgesamt sind auf den Inseln im Osten der Ägäis derzeit fast 40.000 Menschen untergebracht, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben.
Heimat des Hippokrates
Angesichts der Lage tagte in dieser Woche auch der Gemeinderat der Insel Kos. Dabei wurde beschlossen, dass der Ruf der Insel als Heimat des Hippokrates aufrechterhalten werden müsse. Die Gemeinden auf dem griechischen Festland werden dazu aufgerufen, sich „in diesen schwierigen Zeiten“ solidarisch mit den Inseln zu verhalten.
Unterstützung gefordert
Trotz aller Proteste auf den Inseln schreiten die angekündigten Umsiedlungen aufs Festland nur langsam voran. Einerseits protestieren auch die Gemeinden auf dem Festland gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in ihrer Gegend; die Regierung hatte ihnen zuvor zugesprochen, dass die Zahl der Neuankömmlinge nicht mehr als ein Prozent der dort lebenden Bevölkerung ausmachen würde. Zweitens kann der im März 2016 vereinbarte EU-Türkei-Pakt nicht mehr zur Anwendung gebracht werden, sobald die Asylsuchenden auf das Festland umgesiedelt worden sind. Ankara akzeptiert nur die Rücknahme jener Immigranten, die kein Recht auf internationalen Schutz haben, wenn diese die Insel nicht verlassen haben, auf der sie zum ersten Mal griechischen Boden betreten haben. Die Regierung in Athen fordert nun von den europäischen Partnern eine bessere Verteilung der Asylberechtigten in der EU sowie Unterstützung für einen besseren Grenzschutz.
(Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)