An diesem Wochenende hat die konservative Regierung von Premier Mitsotakis ihre Ziele für die kommenden vier Jahre vorgestellt. Vor allem wurden wirtschaftliches Wachstum und Steuersenkungen angekündigt. Veränderungen wurden jedoch auch in anderen Bereichen, etwa in der Bildung und Gesundheitswesen in Aussicht gestellt.
In der Nacht von Montag auf Dienstag soll die Regierung unter Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis das Vertrauen des Parlaments erhalten. Vorangegangen ist eine dreitägige Debatte über das Regierungsprogramm der konservativen Nea Dimokratia (ND), die seit den Wahlen am 7. Juli die Geschicke des Landes lenkt. Ganz oben auf der To-Do-Liste stehen Steuererleichterung, Reformen, Wachstum, das Wahlrecht für Auslandsgriechen sowie Veränderungen in den Bereichen Bildung und Gesundheit. Zudem sollen „Haftentlassungen von Mördern und Terroristen“ nicht realisiert werden, so der Premier. Andererseits sollen Asylverfahren zügiger als bisher abgewickelt werden.
Der Neuanfang
Ministerpräsident Mitsotakis sprach während seiner Rede am Wochenende von der Hoffnung auf einen „Neuanfang des politischen Alltags“. Sein Kabinett sei vor allem auch dazu bereit, „die echten Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise“ zu bekämpfen. Seine Partei werde einen „neuen Patriotismus“ ins Leben rufen, der „unsere Flagge für ein Griechenland des 21 Jahrhunderts sein wird“.
In seiner Rede forderte Mitsotakis die reibungslose Funktion des Staatsapparates. Er sprach etwa ein tödliches Unwetter auf der nordgriechischen Halbinsel Chalkidiki an, das sich am 10. Juli ereignet hatte, und bei dem sieben Menschen ums Leben gekommen waren. Thematisiert wurde von ihm auch ein starkes Erdbeben am vergangenen Freitag in Athen in Folge dessen Sachschäden in der griechischen Hauptstadt entstanden waren. Auch hier gab es Kritik an der Arbeit und Koordination der Einsatzkräfte.
Wohlstand für alle
Was die Entwicklung der Wirtschaft angeht, so hat sich der Regierungschef das Ziel gesetzt, dass „alle am Wohlstand partizipieren“. Auf dem Arbeitsmarkt will er zudem „Ordnung und Regeln“ schaffen. Darüber hinaus werde ein gut funktionierender öffentlicher Gesundheitssektor für all diejenigen geschaffen, die ihn nötig haben, so Mitsotakis.
Erste große Ziele
Vor allem nannte der Regierungschef die wichtigsten Aktivitäten, die sein Kabinett möglichst schnell umsetzen will. So sollen die Griechen weniger Steuern zahlen, es sollen neue Investitionen ins Land kommen, und die Löhne der Arbeitnehmer sollen steigen. Auch die Unternehmen werden profitieren. Die Steuern auf unternehmerische Aktivitäten werden in zwei Phasen von bisher 28 % auf 20 % gesenkt: Bereits ab September gehen sie auf 24 % zurück, so das Versprechen.
Profitieren werden auch Immobilienbesitzer, die für eine Energieaufwertung ihrer Gebäude sorgen. Es sollen Steuernachlässe in Höhe von 40 % gewährt werden. Außerdem sollen Einkommen von bis zu 10.000 Euro künftig nur mehr mit 9 % besteuert werden. Ebenfalls gesenkt werden soll die Immobiliensteuer. Ziel sei es, sowohl den Immobilienbesitzern entgegen zu kommen als auch den Immobilienmarkt anzukurbeln.
Der Premier erwähnte auch Probleme des staatlichen Energiekonzerns DEI. Um das Unternehmen zu stärken werden man wenn nötig auch Netze privatisieren, kündigte er an. Generell würden unter seiner Regierung bürokratische Hindernisse für Privatisierungen abgeschafft.
Gesundheit und Bildung
In staatlichen Spitälern sollen zunächst 2.000 Ärzte und Krankenschwestern eingestellt werden und das Rauchverbot soll entschiedener umgesetzt werden. Vorangetrieben werden sollen vom Gesundheitsministerium der Ärzte- und Kurtourismus.
Was die Bildung betrifft, so sollen an den Universitäten englischsprachige Abteilungen entstehen, die bis zu 10.000 Studierende aus dem Ausland aufnehmen können, die dafür Gebühren zahlen. Zudem werden 4.500 Sportlehrer eingestellt.
Die Lehrer werden an den staatlichen Schulen für den Lehrstoff selbst Verantwortung übernehmen und nicht wie bisher das Ministerium. Eine der ersten Gesetzesnovellen der Regierung werde das Universitätsasyl abschaffen, so Mitsotakis. Seiner Ansicht nach würden dadurch die Hochschulen „von Molotow-Cocktails und Drogen befreit“.
Weitere Projekte
Was die Lösung der Namensfrage des nördlichen Nachbarlandes Republik Nordmazedonien angeht, so werde er sich bemühen, die damit für Griechenland verbundenen negativen Konsequenzen zu vermindern. Vor allem wolle er sich für den Schutz von Produkten aus der nordgriechischen Region Makedonien einsetzen.
Auch die bilateralen Beziehungen zur Türkei wurden angespreochen. Er werde sich am internationalen Recht orientieren und Präsident Recep Tayyip Erdogan zu einem Dialog auffordern.
Nicht zuletzt stellte Mitsotakis ein Projekt vor, mit dessen Hilfe das Athener Stadtzentrum aufgewertet werden soll. Konkret geht es um die Stadteile Exarchia, Patissia und Omonia.
Auch das Thema der Haftanstalt im Athener Vorort Korydallos wurde thematisiert. Diese soll aus der Stadt verlegt werden; das Gebäude wird demontiert und auf dem Gelände soll ein Park entstehen. Im ehemaligen königlichen Anwesen von Tatoi im Norden Athens sollen agrotouristische Anlagen und kleine Hotels gebaut werden.
Last but not least spielte auch der Umweltschutz eine Rolle: Bis zum Jahr 2021 sollen Einwegbehältnisse aus Plastik komplett abgeschafft werden, und viele kleinere Inseln sollen, was ihren Energiebedarf angeht, autark werden.
Regierungssprecher Stelios Petsas fügte seinerseits hinzu, dass die staatliche Nachrichtenagentur ANA-MPA neu definiert werde.
Die Sicht der Opposition
Während seiner ersten Rede als Oppositionsführer im neuen Parlament ergriff auch der bisherige Premier Alexis Tsipras das Wort. Dem Kabinett Mitsotakis gab er zunächst Rückendeckung für jeglichen Versuch, wirtschaftliches Wachstum zu schaffen. Er werde ihm jedoch bei jedem Schritt, der das Land zurück in jene politischen Ereignisse führen könnte, die 2010 zum Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise geführt haben, genau auf die Finger schauen, um eine solche Option zu verhindern. Die Politik von Mitsotakis beschrieb der Ex-Premier als „neoliberal“. Allerdings begrüßte er die Tatsache, dass „Menschen des Marktes“ im neuen Kabinett vertreten seien. Er stellte allerdings auch fest, dass der neue Staatssekretär für Raumordnung und städtischen Lebensraum bis vor Kurzem noch hochrangiges Mitglied eines Unternehmens gewesen sei, dass sich mit Immobilien und Investitionen beschäftigt und das nun in unmittelbarer Kooperation mit dem genannten Ministerium stehen werde. Tsipras gab zu bedenken, dass die ND das Land im Jahr 2009 mit einem Defizit von 24 Milliarden Euro abgegeben habe. Heute habe sie ein Land mit 37 Milliarden Euro Überschuss übernommen, und das Land sei bereits auf Wachstumskurs, so der Oppositionsführer.
(Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)