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Linkspolitiker führt Gespräche für Koalitionsregierung Tagesthema

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Linkspolitiker führt Gespräche für Koalitionsregierung
Nach den Parlamentswahlen am Sonntag konnte in Griechenland noch immer keine regierungsfähige Mehrheit gefunden werden. Am Dienstag hat der Fraktionsvorsitzende des linken Wahlbündnisses Syriza Alexis Tsipras den Auftrag erhalten, Sondierungsgespräche für eine Koalition zu führen. Alexis Tsipras (l.), der Fraktionsvorsitzende des Linksbündnisses Syriza, will die drei Tage, die ihm für die Suche nach Koalitionspartnern zur Verfügung stehen, voll ausschöpfen. Weil seine Fraktion nach den Wahlen am Sonntag die zweitstärkste Partei ist, hatte ihm Staatspräsident Karolos Papoulias am Dienstagnachmittag den Auftrag dazu erteilt.
g den Auftrag dazu erteilt. Tsipras stellte zunächst fest, dass er eine große persönliche Verantwortung trage. Es handle sich um einen „historischen Augenblick“ für die Linke. Doch er räumte ein, es sei schwierig, unter den gegenwärtigen Umständen eine Regierung zu bilden.
Der Vorsitzende der Nea Dimokratia (ND) Antonis Samaras, dessen Partei am Sonntag mit etwa zwei Prozentpunkten Vorsprung (18,85 % der Stimmen) vor Syriza (16,78 %) die Mehrheit erhalten hatte, musste bereits am Montag eingestehen, dass er keine Koalitionsregierung bilden könne.

Gespräche mit Parteiführern
Wenn man das Wahlergebnis betrachtet, dürften wohl auch die Bemühungen von Tsipras, eine linke Koalitionsregierung zu bilden, erfolglos bleiben. Syriza und die sozialistische PASOK kämen gemeinsam auf 93 Mandate – nötig sind mindestens 151. Auch wenn die Demokratische Linke mit ins Boot stiege, hätte diese Koalition erst 112 Sitze. Aus diesem Grund wendet sich Tsipras auch ins national-konservative Lager: Heute Nachmittag um 17.00 Uhr will er mit den „Unabhängigen Griechen“ des einstigen ND-Parlamentariers Panos Kammenos verhandeln, die über 33 Mandate verfügen. Abgesehen davon, dass dessen Partei als populistisch-antieuropäisch gilt, würde auch das noch nicht ausreichen. Um 18.00 trifft sich Tsipras dann heute noch mit dem PASOK-Vorsitzenden Evangelos Venizelos und um 19.00 Uhr mit ND-Chef Antonis Samaras.

ND will keine Wahlen im Juni
Dass es zum Schluss doch noch zu einer Vereinbarung mit der ND kommen könnte, scheint zum jetzigen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich. Tsipras spricht sich verbal für eine Linksregierung „ohne einen Hauch von rechts“ aus. Am Dienstag forderte er zudem Samaras – wie auch Venizelos – dazu auf, die Unterschrift von dem mit der Troika vereinbarten Memordandum zurückzuziehen. Daraufhin konterte der ND-Chef, dass der Linkspolitiker offenbar nicht für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone garantieren könne. Vielmehr bestehe die Möglichkeit, dass dieser das Land „ins Chaos“ führe. Die Konservativen zeigten sich allerdings dazu bereit, eine „Minderheitsregierung“ zu tolerieren, solange der Verbleib Griechenlands im Euro und die Wahrung der nationalen Rechte garantiert blieben. Samaras erklärte zudem, dass seine Partei gegen eine zweite Wahlrunde sei; eine solche könnte nach dem bisherigen Stand der Dinge für den Fall, dass sich man sich nicht einigen kann, am 10. oder am 17. Juni stattfinden.

Sozialisten auf Bündniskurs
Eine größere Koalitionswahrscheinlichkeit als mit der ND besteht wohl mit der sozialistischen PASOK. Deren Vorsitzender Evangelos Venizelos ließ am Dienstag erneut wissen, dass er sich für eine Koalitionsregierung aus ND, Syriza, PASOK und den Demokratischen Linke (DIMAR) einsetzte. Nur so könne man den Verbleib des Landes in der Eurozone und in der Europäischen Union sichern. Er hoffe, dass sein Treffen mit Tsipras heute Abend „sehr substantiell“ sein werde. Venizelos, dessen Panhellenische Sozialistische Bewegung bis November 2011 die Zügel der Regierung in der Hand hielt und die bis dahin das Land seit 2009 geführt hatte, hob hervor, dass die wirklich schwierigen Verhandlungen im Ausland  „mit den Geldgebern und den Märkten“ stattfänden und nicht etwa im Inland und zwischen den Parteien. Das Wahlergebnis interpretierte der PASOK-Chef so, dass das griechische Volk in der EU bleiben und den Euro behalten wolle. Außerdem wollen seiner Ansicht nach die Wähler Wirtschaftswachstum, einen Rückgang der Arbeitslosigkeit und die Sicherung des Lebensstandards der Bürger. Solange Griechenland ohne Regierung bleibe, sei das eine Botschaft der „Ausweglosigkeit“: Man müsse diese überwinden und Lösungen finden, sagte Venizelos im Vorfeld seines Treffens mit Tsipras.

Memorandums-Unterschriften zurückziehen
Noch am Dienstagnachmittag hatte der Linkspolitiker mit der Forderung für Aufsehen in den Medien gesorgt, dass Samaras und Venizelos ihre Unterschriften von dem mit der Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalen Währungsfonds vereinbarten Memorandum zurückziehen müssten, falls sie eine Koalitionsregierung wünschten. Dem Syriza-Mann zufolge hätte das Volk „gegen die barbarische Politik des Memorandums und die Memorandumsparteien“ gestimmt. Bei dem guten Wahlergebnis von 16,78 % der Stimmen handle es sich nicht etwa um Protestwähler. Vielmehr, so Tsipras, sei das eine „reife und bewusste“ Entscheidung gewesen. Zudem rief er die beiden Traditionsparteien ND und PASOK, die seit 1974 fast ununterbrochen und abwechselnd die Regierung innehatten, dazu auf, so zu regieren, dass das Memorandum nicht durchgesetzt werden könne. Im gegenteiligen Fall könne man nicht von einer Regierung der „Nationalen Rettung“ sprechen, sondern viel mehr von einer „Regierung zur Rettung des Memorandums“.

Offizielle Briefe an die EU-Partner
Im seine Positionen zu erklären, will der Syriza-Fraktionsvorsitzende noch heute offizielle Briefe an den Präsidenten der Europäischen Kommission José Manuel Barroso, an den Präsidenten des Europäischen Rates Herman van Rompuy sowie den Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi senden. Darin will er einen Alternativplan für Wachstum, Arbeit und sozialen Schutz vorschlagen. Außerdem will der Linkspolitiker darauf verweisen, dass die Griechen mit ihrer Wahlentscheidung das Memorandum zurückgewiesen hätten. Daher seien die Unterschriften von Samaras und Venizelos ohnehin ungültig. 

Vorschläge zur Diskussion
Unterdessen hat der Syriza-Politiker auch schon Vorschläge für das Programm einer Koalitionsregierung unterbreitet. Als aller erstes will er die im Memorandum vorgesehenen Maßnahmen, die Gehalts- und Rentenkürzungen betreffen, verhindern. Weiterhin will er das Bankensystem der Kontrolle des Staates übergeben. Außerdem setzt sich Tsipras für die Auflösung von Gesetzen ein, die „elementare Arbeitnehmerrechte beschneiden“. Schließlich will er für ein einfaches Verhältniswahlrecht kämpfen. Die Bonusregelung, wonach die stärkste Partei zusätzlich 50 Mandate erhält, müsse abgeschafft werden.
Bereits am Dienstag hatte sich Tsipras mit dem Vorsitzenden der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, getroffen. Letzterer sicherte seine Unterstützung für eine Linksregierung zu. Auch Louka Katseli die Vorsitzende der „Sozialen Übereinkunft“, die allerdings nicht den Sprung ins Parlament schaffte, erklärte sich bereit, mit Syriza zu koalieren. Die Ökologen/Grüne, die den Eintritt ins Parlament knapp verfehlt hatten, zeigten sich am Dienstag zwar bereit, Syriza zu unterstützen, sie wollten aber „mehr als eine Antimemorandums-Politik“. Die Generalsekretärin der kommunistischen Partei KKE, Aleka Papariga, schloss bereits per Telefon aus, mit Syriza gemeinsame Sache zu machen. (Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi. Die Aufnahme zeigt Tsipras, links. Rechts im Bild der einstige Widerstandskämpfer Manolis Glezos.)

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