Türkei-Ähnliche Zustände in Griechenland? Der Linkspolitiker Panagiotis Lafazanis verglich die Politik von Ministerpräsident Alexis Tsipras (SYRIZA) mit derjenigen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Anlass war eine Aufforderung an Lafazanis, am Mittwoch vor der Abteilung der griechischen Polizei für Staatsschutz eine Aussage über einen Vorfall zu machen, der sich im März ereignet hatte. Damals hatte Lafazanis als Parteivorsitzender der Laiki Enotita (zu Deutsch: Volkseinheit) mit Genossen gegen die Versteigerung von Immobilien, die vor allem Erstwohnsitze betreffen, im Athener Zentrum demonstriert. Es war zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Vorgeworfen wird ihm u. a. Widerstand gegen die Staatsgewalt, Störung der öffentlichen Ordnung, und Beschimpfung von Beamten.
Lafazanis erschien am Mittwoch zwar wie bestellt bei der Polizeidirektion, erklärte aber, dass er die Aussage verweigere. Die griechische Regierung habe die Grenze der „Verfassungswidrigkeit“ überschritten, stellte er fest. Er sprach von einer deutsch-amerikanischen Besatzung in Hellas. Die Demokratie in seiner Heimat sei mittlerweile mit der des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu vergleichen. Der Vorsitzende der Volkseinheit ist zwischen Januar und Juli 2015 Minister für Produktiven Wiederaufbau, Umwelt und Energie im Kabinett Tsipras gewesen. Nachdem Athen im Sommer 2015 ein drittes Spar- und Reformprogramm mit den internationalen Geldgebern vereinbart hatte, haben viele Funktionäre und Mitglieder des linken SYRIZA-Flügels – darunter auch Lafazanis – die Regierungspartei verlassen. Daraufhin hatte letzterer die Volkseinheit gegründet, die aber mit 2,86 Prozent den Einzug ins Parlament knapp verfehlte (3-Prozent-Hürde).
Sympathiebekundungen erhielt Lafazanis für seine jüngsten Äußerungen von zwei prominenten Griechen. Der Komponist Mikis Theodorakis verglich Premier Tsipras mit dem Sicherheitsminister der Diktatur von Metaxas in Griechenland. Er warnte Regierung und Polizei: „Hände weg von Lafazanis. Das ist alles, was ich zu sagen habe.“
Zu Wort meldete sich auch Manolis Glezos, einstiger Widerstandskämpfer gegen die deutsche Besatzung im II. Weltkrieg; für viele Griechen eine Art Volksidol. Der 96jährige hatte am Mittwoch extra das Krankenhaus verlassen, um mit Lafazanis gemeinsam zu demonstrieren. Der kämpferische Glezos sprach von einer „politischen Verfolgung“ gegen den ehemaligen Minister.
Unterdessen haben mehrere Parteien – darunter auch SYRIZA – die von der Polizei an Lafazanis ergangene Aufforderung zur Aussage verurteilt. 43 SYRIZA-Abgeordnete haben darüber hinaus eine Anfrage an die Ministerin für Bürgerschutz gestellt, in der sie das Vorgehen gegen Lafazanis scharf kritisieren. (Griechenland Zeitung / eh)