Das Kind ist aus der Taufe gehoben. Seit dem Wochenende steht der endgültige Name fest: „Republik Nordmazedonien“ heißt künftig das nördliche Nachbarland Griechenlands. Einen entsprechenden Vertrag haben am Sonntag die beiden Außenminister Nikos Kotzias und Nikola Dimitrov unterzeichnet: Vor der malerischen Kulisse der Prespa-Seen, die zwischen Griechenland, Albanien und der Republik Nordmazedonien die Grenze bilden.
Streit seit fast drei Jahrzehnten beendet
Herzlich war am Sonntag auch die Begrüßung der beiden Ministerpräsidenten Alexis Tsipras (Griechenland) und Zoran Zaev (Republik Nordmazedonien). Letzterer hat seinem Amtskollegen aus Athen eine Krawatte geschenkt: Tsipras ist bekanntlich eingeschworener Nicht-Krawatten-Träger. Er hat jedoch erklärt, einen Halsbinder zu tragen, wenn das Land aus der seit 2010 anhaltenden Finanz- und Wirtschaftskrise heraus findet. Im August wird Hellas voraussichtlich die Memorandumspolitik der Geldgeber hinter sich lassen. Auch die Lösung der Namensfrage der Republik Nordmazedonien wäre sicher ein gebührender Anlass für einen Spitzenpolitiker, Krawatte zu tragen: Der Namensstreit um das nördliche Nachbarland hält seit 27 Jahren an.
„Verabredung mit der Geschichte“
In seiner Rede sprach Tsipras von einer „Verabredung mit der Geschichte“. An den Prespa-Seen habe man sich zusammengefunden, um „unsere patriotische Pflicht zu erfüllen“ und „die Wunden der Zeit heilen zu lassen“. Es sei an der Zeit, „den Weg des Friedens, der Brüderschaft, der Kooperation und des gemeinsamen Wachstums zu eröffnen, nicht nur für Griechenland und dem gesamten Balkan, sondern für ganz Europa“. Durch diese Vereinbarung habe nun eine Epoche der regionalen Stabilität, des Wohlstands und der Sicherheit begonnen. – Besonders erwähnte Ministerpräsident Tsipras auch den Bau einer Eisenbahnlinie zwischen Thessaloniki, Skopje, Belgrad und Budapest.
Hochkarätige Gäste seitens der EU
An den Feierlichkeiten der Unterzeichnung des Vertrags über den neuen Namen sind u. a. der UN-Sondervermittler im Namensstreit, Matthew Nimetz, die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Federica Mogherini und der EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen Johannes Hahn anwesend gewesen. Zufällig ist der 17. Juni, an dem der Vertag unterzeichnet wurde, auch der Geburtstag von Nimetz, der sich seit einem Vierteljahrhundert mit der Lösung Namensfrage der Republik Nordmazedonien beschäftigt. Der Diplomat gab zu verstehen, dass das für ihn das schönste Geburtstagsgeschenk sei.
Fehlende Zustimmung der Opposition
Nun muss der neue Staatsname noch von den Parlamenten in Athen und Skopje ratifiziert werden: eine nicht ganz unbedeutende Hürde. Sämtliche Oppositionsparteien in Griechenland und der Republik Nordmazedonien stellen sich gegen die vereinbarte Lösung. Die größte Oppositionspartei Griechenlands, die konservative Nea Dimokratia (ND), hatte Ende voriger Woche sogar einen Misstrauensvotum gegen die Regierung von Alexis Tsipras eingebracht. Am Wochenende wurde dieser mit einer knappen Mehrheit von 153 der 300 Stimmen in der griechischen Volksvertretung abgeschmettert. Allerdings verlor der kleinere Regierungspartner, die Unabhängigen Griechen (ANEL), bei dem Prozedere einen Parlamentarier: Dimitris Kammenos – ein Namensvetter des Verteidigungsministers und ANEL-Chefs Panos Kammenos – hat mit „Ja“ votiert und wurde deshalb aus den Reihen dieser Partei ausgeschlossen: Die ANEL hat damit nur mehr acht Abgeordnete in der Volksvertretung. Auch die bisherige Pressesprecherin Madalena Papadopoulou hat der Partei den Rücken gekehrt.
Proteste mit 14 Verletzten
Während Kotzias und Dimitrov die Unterschriften unter den Namen Republik Nordmazedonien setzten, war es in der Umgebung der Prespa-Seen zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen aufgebrachten Bürgern, die sich u. a. in griechische Flaggen gehüllt hatten, und der Polizei gekommen. Es gab mindestens 14 Verletzte, darunter sind sieben Polizisten.
Elisa Hübel
Ministerpräsident Alexis Tsipras (l.) und sein Amtskollege aus Skopje
Der große Prespa-See
Die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Federica Mogherini (m.) und Ministerpräsident Tsipras
Krawatte als Geschenk