Grund für die Verzögerung bei der Vereidigung waren Unstimmigkeiten über die Zusammensetzung des neuen Kabinetts. Dieses besteht nun aus 48 Personen, darunter vier Frauen. Es zählt 6 Mitglieder mehr als das frühere. Der Löwenanteil stammt aus den Reihen der PASOK. Stellvertretende Regierungschefs sind wie bisher Theodoros Pangalos und Evangelos Venizelos. Letzterer leitet auch wieder das Finanzministerium.
Unterstützung von rechts
Lediglich sechs Mitglieder wurden von der konservativen Nea
Dimokratia (ND) gestellt, vier gehören der rechtskonservativen
Orthodoxen Volkssammlung (LAOS) an. Für die ND übernahm der frühere
EU-Kommissar Stavros Dimas den Posten des Außenministers und
Dimitris Avramopoulos den des Verteidigungsministers. Weil die ND
auf dem Standpunkt beharrte, keine Parlamentarier in die Regierung
zu entsenden, musste letzterer kurz vor der Vereidigung seinen
Parlamentssitz an eine Nachfolgerin abgeben.
Die neue Regierung verfügt zumindest auf dem Papier über eine
äußerst komfortable parlamentarische Mehrheit von 254 der insgesamt
300 Abgeordneten (PASOK 153, ND 85, LAOS 16). Wer von ihnen
tatsächlich hinter den Beschlüssen der Regierung steht, wird sich
bei zahlreichen Gelegenheiten unter Beweis stellen. Bei schwierigen
Entscheidungen könnten eventuell auch einige unabhängige
Parlamentarier Schützenhilfe leisten. Doch man darf nicht
vergessen, dass das Land im Prinzip bereits in den Wahlkampf
getreten ist. Innerparteipolitisches Kalkül dürfte bei vielen
Entscheidungen eine wichtige Rolle spielen.
Schwere Aufgaben
Das Team um des Finanzexperten Papadimos hat nur etwa 100 Tage
zur Verfügung, dann sollen Parlamentswahlen durchgeführt werden.
Die Aufgaben, die es bewältigen muss, erinnern an einen
Marathonlauf, sie sind alles andere als einfach. Die meisten
Entscheidungen werden voraussichtlich bei vielen Wählern keine
Beifallsstürme auslösen. Im Kern geht es um nichts anderes als um
eine schmerzhafte Spar- und Reformpolitik.
Erstes Ziel ist es, die 6. Kreditrate in Höhe von 8 Mrd. Euro zu
erhalten. Vor allem aber müssen die Verhandlungen mit der Troika
über das neue Memorandum, das Ende Oktober in Brüssel vereinbart
wurde, abgeschlossen werden. Nur wenn Griechenland glaubhaft machen
kann, dass es die getroffenen Verpflichtungen erfüllt, kann es
einen Schuldenschnitt von 100 Mrd. Euro und einen weiteren Kredit
von 130 Mrd. erhalten. Bis zum 23. Dezember muss aber vorher noch
der Haushaltsentwurf 2012 durch das Parlament. Und bis Jahresende
muss obendrein noch ein neues Steuergesetz passieren. Weitere
unpopuläre Maßnahmen, die bereits von der Vorgängerregierung
beschlossen, aber noch nicht realisiert wurden, betreffen eine so
genannte Arbeitsreserve. Noch bis Jahresende sollen 30.000
Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in eine einjährige Ruhepause
treten. Für die meisten von ihnen dürfte das letztlich in
Entlassungen münden. Zudem sollen bis Ende 2011 1,7 Mrd. Euro aus
Privatisierungserlösen staatlichen Besitzes in die klammen Kassen
der öffentlichen Hand fließen. Dennoch wird das Defizit 2011 mit
voraussichtlich 8,9 % sicher etwas höher ausfallen als geplant,
anvisiert waren 8,5 %.
Widerstand von links
Widerstand gegen die zu erwartende Finanzpolitik der Regierung haben vor allem Politiker aus dem linken Lager angekündigt. Die kommunistische KKE, das linke Wahlbündnis SYRIZA, aber auch einige PASOK-Parlamentarier fordern einen sofortigen Urnengang. Letztere begründeten das damit, dass die Übergangsregierung nicht vom Volk gewählt worden sei. Deshalb habe sie nicht das Recht, weitere Sparmaßnahmen durchzusetzen. Außerdem wurde die Befürchtung geäußert, dass eine „schlimme Intervention aus dem Ausland" bevorstehe. Die größte Schuld an der Lage, in der sich das Land befinde, treffe den PASOK-Vorsitzenden Jorgos Papandreou. (Text: Elisa Hübel, Foto: Eurokinissi)