Am kommenden Montag soll im griechischen Parlament eine Multi-Gesetzesnovelle verabschiedet werden. Sie enthält Artikel aus fast allen Ministerien. Gewerkschafter gehen auf die Barrikaden. Sie befürchten vor allem, dass das Streikrecht beschnitten wird.
Insgesamt rund 1.500 Seiten umfasst ein Gesetzesbündel mit rund 400 unterschiedlichen Artikeln, das am kommenden Montag, dem 15. Januar, vom Parlament verabschiedet werden soll. Eingebracht wurde es recht kurzfristig am Dienstag zur Diskussion in der Volksvertretung. Es handelt sich um ein Eilverfahren. An der Ausarbeitung waren fast alle Ministerien beteiligt, vor allem aber die Ressorts Wirtschaft, Finanzen, Arbeit und Umwelt. Vorgesehen sind u. a. weitere Privatisierungen, Kürzungen der Zulagen für kinderreiche Familien, eine Neueinstufung der gesundheitsschädigenden Berufe bei der öffentlichen Hand oder etwa die Vergabe von Lizenzen zum Betreiben von Spielkasinos, etwa auf den Inseln Kreta, Santorin und Mykonos.
Streiks nur nach Urabstimmung
Für besondere Empörung bei Arbeitnehmern sorgt vor allem eine Gesetzesvorlage, wonach Streiks künftig nur noch auf Basis einer Urabstimmung der Gewerkschaftsmitglieder ausgerufen werden dürfen: das heißt mit mehr als 50 Prozent der Stimmen der aktiven Gewerkschafter. Als eine der ersten Gewerkschaften machen die Seeleute (PNO) dagegen Front. Am kommenden Freitag, dem 12. Januar, werden die Schiffe in Griechenland ganztägig bestreikt; betroffen ist auch der Fährverkehr.
Auch die kommunistische Gewerkschaft PAME geht auf die Barrikaden. Ihrer Ansicht nach versuche die Regierung mit dem entsprechenden Gesetz die „Rechte der Arbeitnehmer abzuschaffen“. Als erste Reaktion führte die PAME am gestrigen Dienstag Protestkundgebungen in vielen Landesteilen durch, darunter am Athener Omonia Platz. Anschließend zogen die Gewerkschafter vor das Arbeitsministerium, wo einige bis in das Büro von Arbeitsministerin Efi Achtsioglou. Es kam zu Ausschreitungen. Die Ministerin wurde dazu aufgerufen, die geplanten Paragraphen über das Streikrecht zurückzuziehen. PAME-Vertreter erklärten unmissverständlich: „Für dieses Recht ist in der Vergangenheit Blut geflossen.“
Am Mittwochmorgen haben PAME-Mitglieder vor dem Amtssitz des Premierministers, dem Megaron Maximou, erneut demonstriert. Ihr Motto lautete: „Finger weg vom Streik!“
Ab 15.30 Uhr ruft die PAME heute (10.1.) landesweit zu Demos vor den Amtsgerichten auf. Ziel ist es, Versteigerungen von Immobilien überschuldeter Kreditnehmer zu verhindern, was ebenfalls durch die Gesetzesnovelle möglich bzw. vereinfacht werden soll.
Am Freitagmittag, dem 12. Januar, planen die kommunistischen Gewerkschafter erneut eine Demonstration am Athener Omonoia-Platz.
Weitere Demos geplant
Verabschiedet werden soll das Gesetzpaket am kommenden Montagabend.
Für diesen Tag haben auch die beiden Dachgewerkschaften des Landes, Öffentlicher Dienst (ADEDY) sowie Privatwirtschaft (GSEE) zu Kundgebungen aufgerufen.
Auf den Barrikaden gehen aber auch kleinere Gruppierungen, wie etwa die Apotheker, weil u. a. die Öffnungszeiten der Apotheken geändert werden sollen. Zudem legen am Freitag die Krankenhausärzte Athens die Arbeit nieder. Patienten werden nur mit Notpersonal behandelt. Der Streik wird vom Ärzteverband unterstützt.
Auch Mitarbeiter des Pressevertriebes lassen am Donnerstag und Freitag die Arbeit ruhen; an den Kiosken wird es keine Zeitungen geben. Sie sprechen von Arbeitsbedingungen, die an „mittelalterlichen Zeiten erinnern“. Sie fordern Rahmentarifverträge sowie die Wiederanhebung des Mindestlohnes auf 751 Euro. Außerdem rufen die Gewerkschafter des Verbandes am Freitag um 12 Uhr ebenfalls zu einer Kundgebung auf.
(Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)
Arbeitsministerin Efi Achtsioglou erhielt am Dienstag (9.1.2017) unerwarteten Besuch von Gewerkschaftern.
Demonstranten am Dienstag am Athener Omonia Platz.
Aufgebrachte Gewerkschafter vor dem Arbeitsministerium.