Am Donnerstag und Freitag dieser Woche erwartet Athen den türkischen Staatspräsidenten Erdogan. Beobachter sind sich einig: Die bilateralen Beziehungen sind ausbaufähig und die Gesprächsagenda ist gleichzeitig recht heikel.
Die Vorbereitungen auf den Besuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan am 7. und 8. Dezember in Athen laufen auf Hochtouren.
Griechenlands Außenminister, Nikos Kotzias, hat am Wochenende, im Rahmen eines Interviews gegenüber der Zeitung „Ethnos“, die Erwartungen nach unten geschraubt. Er erklärte, dass dieser Besuch nicht automatisch die bilateralen Probleme lösen werde. Vielmehr bestünde die Gelegenheit, die Probleme der zwischenstaatlichen Beziehungen hervorzuheben und zu analysieren. Und dies wiederrum könne, Kotzias zufolge, zum Aufbau positiver Beziehungen beitragen.
Das Interesse Zyperns
Auch Zypern zeigt Interesse am Besuch des starken Mannes aus Ankara am Donnerstag und Freitag in der griechischen Hauptstadt. Wie der staatliche Fernsehsender des Inselstaates Rik berichtet, traten Griechenlands Ministerpräsident, Alexis Tsipras, und der Präsident der Republik Zypern, Nikos Anastasiadis, am Sonntagabend telefonisch in Kontakt. Man war sich darin einig, dass Athen und Nikosia in der Zypernfrage auf der gleichen Wellenlänge sind. Anastasiadis setzt sich für einen intensiveren Dialog zwischen Athen und Ankara ein. Ziel sei eine politische Lösung, für die seit 1974 in einen griechisch-sprachigen Südteil und einen türkisch-sprachigen Nordteil geteilte Insel.
Im Juli waren zunächst Erfolgversprechende Gespräche zu diesem Thema im schweizerischen Crans-Montana gescheitert. Der Haken waren vor allem Themen, die die Sicherheit und Garantien betreffen. Athen und Nikosia werden nun in dieser Woche in Kontakt bleiben, um einen Neustart der Verhandlungen mit Ankara zu versuchen.
Tausende Luftraumverletzungen
Die größte Oppositionspartei Griechenlands, die konservative Nea Dimokratia (ND), begrüßt den Besuch des türkischen Präsidenten. Jorgos Koumoutsakos, der bei der ND für außenpolitische Fragen zuständig ist, listete u. a. auf, dass türkische Kampfjets im laufenden Jahr 3.000 Überflüge über griechischen Luftraum absolviert haben. In 1.600 Fällen seien griechische Hoheitsgewässer verletzt worden.
Auch nach dem 25. Oktober, wo der Athen-Besuch Erdogans vereinbart wurde, kam es noch zu 250 Luftraumverletzungen durch türkische Kampfjets.
Tete-a-tete mit Erdogan
Es ist stark anzunehmen, dass Premier Tsipras bei seinem Tete-a-tete mit Erdogan sowohl die Zypernfrage – wenn auch nur am Rande – als auch die permanenten Verletzungen der griechischen Hoheitsrechte ansprechen wird.
Ein weiterer Gesprächsschwerpunkt wird wohl auch die Bewältigung der Flüchtlingskrise und der diesbezügliche Pakt zwischen der EU und der Türkei sein. Letzterer sieht vor, dass Immigranten, die aus der Türkei nach Griechenland kommen und kein Recht auf Asyl haben, zurück geschickt werden. Im Gegenzug nimmt die EU anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte auf.
Außerdem ist zu erwarten, dass Tsipras die griechische Auffassung über einen EU-Beitritt der Türkei wiederholen wird. Athen setzt sich „unter Voraussetzungen“ für einen solchen ein. (Griechenland Zeitung/eh)