Die Volksvertretung hat am Mittwoch mit dünner Mehrheit ein Gesetz für Veränderungen im Bildungssystem verabschiedet. Diese sieht u. a. die Wiederbelebung des Universitätsasyls vor. Auch sollen Aufbaustudiengänge preiswerter gestaltet werden. Es kam zu heftigen Wortgefechten.
Am Mittwoch (2. August) wurde im griechischen Parlament ein Gesetz des Bildungsministeriums verabschiedet. Im Mittelpunkt stand vor allem der Hochschulbereich. Mit „Ja“ votiert haben geschlossen die Parlamentarier der beiden Regierungsparteien SYRIZA und ANEL.
Keine Angst vor Studentenbewegung
Lediglich der ANEL-Vertreter Dimitris Kammenos hat aus den Kreisen der beiden Regierungsparteien gegen den Paragraphen drei gestimmt. Dieser sieht eine Wiedereinführung des Asyls an den griechischen Universitäten vor. Dies entspricht in der Praxis einem Zutrittsverbot für die Polizei. Eingeführt worden war dieses Asylrecht der Universitäten nach dem Sturz der Militärjunta im Jahre 1974. Zuvor hatte das Regime am 17. November 1973 im Athener Polytechnikum einen Studentenaufstand blutig niedergeschlagen.
Ministerpräsident Alexis Tsipras verteidigte den Paragraphen drei mit den Worten: „Wir fürchten die Studentenbewegung nicht.“ Er ergänzte, dass das Asyl zu „freien Ideen“ beitragen werde. Das Regierungsoberhaupt mahnte aber auch an, dass die Studenten die „demokratischen Freiheiten“ respektieren müssten. Auch Finanzminister Evklidis Tsakalotos setzte sich für die Wiedereinführung des Universitätsasyls ein. Außerdem rechtfertigte er Schul- und Universitätsbesetzungen. Allerdings würden diese oft mit „falschen Methoden“ umgesetzt.
Er selbst habe zu seiner Zeit an mehreren solcher Proteste teilgenommen. Seiner Ansicht nach gebe es „immer einen Grund“, wenn es zu derartigen Meinungsäußerungen komme.
Auch Ministerpräsident Tsipras hatte als Jugendlicher Anfang der 90er Jahre an mehreren Schulbesetzungen aktiv teilgenommen. Dies wird als Beginn seiner politischen Laufbahn bezeichnet. Tsipras und Tsakalotos gehören der Regierungspartei SYRIZA (Bündnis der Radikalen Linken) an, die 2015 die Regierungsgeschäfte übernahm – gemeinsam mit der rechtspopulistischen ANEL.
„Studium für alle gewährleisten“
Weitere Paragraphen des am Mittwoch verabschiedeten Gesetzes befassen sich mit einer Kürzung der Gebühren für Aufbaustudien, sogenannte „Master“. Ministerpräsident Tsipras verteidigte diese Festlegungen mit den Worten: „Wir stoppen die Fabrik der sehr hohen Gebühren, die die Einnahmen eines sehr kleinen Teils der Dozenten erhöht, zeitgleich aber Studenten ausschließt, die die finanziellen Mittel nicht haben.“ Bildungsminister Kostas Gavroglou stellte in diesem Zusammenhang fest, dass 85 % der Masterstudiengänge „einwandfrei“ seien. Die übrigen 15 % würden jedoch den griechischen Universitäten einen schlechten Ruf verschaffen. Ziel der Gesetzesnovelle sei es zudem, die Forschung anzukurbeln und den „Zugang aller Bürger zur Bildung zu garantieren“.
Ministerpräsident Tsipras sprach sich in seinen Ausführungen u. a. dafür aus, dass sich an der Art und Weise der Aufnahme an griechische Universitäten etwas ändern müsse. Derzeit geschieht dies auf Grundlage der „Panhellenischen Prüfungen“; diese sind mit den deutschen Abiturprüfungen zu vergleichen. Schüler aus allen Landesteilen beantworten am gleichen Tagen und zur selben Uhrzeit die gleichen Prüfungsfragen. Die Absolventen mit den höchsten Punktzahlen haben anschließend die Möglichkeit der Wahl, wo genau sie studieren wollen.
Die Aufnahmehürde für die jeweiligen Universitäten wird daher je nach „Beliebtheit“ im jeweiligen Jahr angepasst. Oft hat das mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes nur sehr wenig zu tun.
Opposition rügt „anachronistisches“ Gesetz
Kritik hagelte es unterdessen aus den Reihen der Opposition. Der Vorsitzende der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND) Kyriakos Mitsotakis erklärte, dass er dieses Gesetz abschaffen werde, sobald er die Regierungsgeschäfte übernommen habe. Dieses würde die griechischen Universitäten „herabstufen“ und Bürger schaffen, „die vom Staat abhängig sind“. Was das Universitätsasyl angeht, so warf er der Regierung vor, „die Kriminalität zu beschützen“. Was die Master-Studiengänge betrifft, so stellte der Konservative fest, dass diese Regelung „den Professoren jeglichen Anreiz in Griechenland zu lehren“ entziehe. Aus diesem Grund müssten seiner Ansicht nach schon bald mehrere Studiengänge geschlossen werde. Dies wiederum gehe zu Lasten von finanziell schwächeren Schülern, die nicht über die Mittel verfügen, im Ausland ein Studium zu absolvieren.
Die Vorsitzende der sozialistischen PASOK Fofi Gennimata sprach ihrerseits von einem „anachronistischen“ Gesetz. Sie stellte fest, dass 75 % der Jugendlichen Griechenlands unzufrieden seien und nach einem Weg suchen würden, das Land zu verlassen. Der Generalsekretär der kommunistischen KKE Dimitris Koutsoumbas sprach von „einem strategischen Ziel“ der Regierung „dem Großkapital entgegenzukommen“.
Elisa Hübel