Am Donnerstag haben sich die Parlamentspräsidenten nach mehreren kräftezehrenden Marathonsitzungen endlich auf das Führungsgremium des neuen griechischen Rundfunkrates (ESR) geeinigt.
Nötig war laut Verfassung eine Vier-Fünftel-Mehrheit. Mit „Ja“ gestimmt haben die Mitglieder aus den Reihen der Regierungspartei SYRIZA, der konservativen Nea Dimokratia (ND), der Demokratischen Allianz, des kleineren Regierungspartners ANEL und der liberalen To Potami. Der Stimme enthalten haben sich die kommunistische KKE, die faschistische Chryssi Avgi und die Zentrumsunion.
Präsident des ESR wurde der ehemalige Präsident des Landeshöchstgerichtes Areopag, Athanasios Koutroumanos. Vorgeschlagen wurde er von der ND. Vizepräsident ist der Journalist Rodolfos Moronis. Er ist bereits in der Vergangenheit zwei Mal Vorsitzender bzw. Mitglied des griechischen Rundfunkrates gewesen. Die übrigen sieben Mitglieder sind Journalisten, Professoren und ein Wirtschaftswissenschaftler.
Ihre erste Aufgabe ist es nun, an griechische Fernsehsender TV-Lizenzen zu vergeben. Griechenlands Privatsender arbeiten seit 27 Jahren überwiegend mit provisorischer bzw. zeitlich begrenzten Genehmigungen – Gebühren wurden so gut wie nicht entrichtet.
Die Regierung unter dem Linkspolitiker Alexis Tsipras (SYRIZA) hat sich vorgenommen, diesen Zustand zu beenden, hatte dabei bisher aber kein besonders glückliches Händchen. Zwar wurden im September im Zuge einer mehrtägigen Auktion vier neue TV-Lizenzen versteigert. Kurz darauf wurde ein Teil des zu Grunde liegenden Gesetzes vom Staatsrat aber als verfassungswidrig eingestuft. Nun ist es sehr wahrscheinlich, dass mehr als nur vier Lizenzen vom ESR vergeben werden – womit eine Forderung der Opposition erfüllt würde.
Ein Spaziergang war die Zusammensetzung des neuen ESR wahrlich nicht. Sechs mehrstündige und wohl auch kräftezehrende Sitzungen waren nötig, ehe sich die Parlamentspräsidenten endlich einigen konnten. Sowohl SYRIZA als auch die Oppositionspartei ND mussten letztlich Kompromisse eingehen, um zu einer Entscheidung zu finden. Nach der Einigung sprach der inzwischen für Digitalpolitik verantwortliche Minister Nikos Pappas von einem „wichtigen Moment“. Nun müsse das Verfahren vorangetrieben werden „um so schnell wie möglich ein gültiges und richtiges Ergebnis zu erreichen“. Indirekt deutete er an, dass es mehr als vier Lizenzen geben könne; es sei vor allem Aufgabe des ESR, darüber zu befinden. Pappas ist einer der engsten Mitarbeiter des Ministerpräsidenten Tsipras. Er gilt – damals noch auf dem Posten eines Staatsministers – als Architekt der Vergabe der TV-Lizenzen. (Griechenland Zeitung / eh)
Unser Archivfoto (© Eurokinissi) entstand im Jahr 2014 und zeigt den neuen ESR-Präsidenten Athanasios Koutroumanos (r.).