In fünf wesentlichen Punkten will Ministerpräsident Tsipras die Verfassung ändern. Die Bürger sollen sich aktiv am Dialog darüber beteiligen. Im September soll eine eigens dafür zuständige Kommission ins Leben gerufen werden.
Ministerpräsident Alexis Tsipras hat sich das Ziel gesetzt, die griechische Verfassung zu revidieren. Am Montag hat er im Vorhof des Parlaments – was eher ungewöhnlich ist – entsprechende Vorschläge unterbreitet. Er rief zu einem breiten, offenen und fruchtbaren Dialog auf. Mit einer neuen Verfassung werde ein „neues Griechenland von 2021“ gestaltet – wohl auch eine Anspielung auf den Beginn der Befreiungskämpfe des Jahres 1821.
Im Wesentlichen handelt es sich um fünf Punkte: Darunter zählt ein einfaches Verhältniswahlrecht und dass Parlamentarier künftig nur für zwei Legislaturperioden – also für maximal acht Jahre – in die Volksvertretung gewählt werden dürfen. Der jeweilige Ministerpräsident muss auf jeden Fall einen Sitz im Parlament haben. Was den Staatspräsidenten betrifft, so soll dieser im dritten Wahlgang direkt vom Volk gewählt werden, wenn zuvor zwei Wahlgänge im Parlament an der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit gescheitert sein sollten, wie das zuletzt Ende 2014 / Anfang 2015 der Fall war. Dadurch soll nicht zuletzt die Rolle des Staatspräsidenten gestärkt werden. Er soll künftig größeres Mitspracherecht erhalten, etwa auch, was die Frage betrifft, ob bestimmte Gesetze verfassungskonform sind. Außerdem soll die Möglichkeit von Volksentscheiden vereinfacht werden. Künftig soll es ausreichend sein, wenn mindestens 500.000 Bürger die Durchführung eines Referendums fordern. Sollte es um ein bereits verabschiedetes Gesetz gehen, müssten wenigsten eine Million Unterschriften zustande kommen.
Ein weiterer Schwerpunkt betrifft die Stärkung des Rechtsstaates. Dazu zählt etwa eine Beschleunigung der Rechtsprechung. Beschnitten werden soll die Immunität der Parlamentarier. Diese soll nur dann greifen, wenn erhobene Vorwürfe direkt mit der parlamentarischen Arbeit des jeweiligen Abgeordneten in Verbindung stehen.
In einem vierten Punkt spricht Tsipras die Beziehungen zwischen Staat und Kirche an. Demnach soll die religiöse Neutralität des Staates festgeschrieben werden. Die Orthodoxie bleibt allerdings nach wie vor Hauptreligion. Der fünfte Punkt der Vorschläge von Ministerpräsident Tsipras bezieht sich auf die „öffentlichen Rechte“ der Gesellschaft. Darunter fällt etwa, dass Wasser und Elektroenergie unter staatlicher Kontrolle bleiben müssen.
In seiner Rede hat das griechische Regierungsoberhaupt betont, dass dies nur Vorschläge seien. Er erhoffe sich einen „fruchtbaren Dialog“ zwischen der Regierung, der Gesellschaft und der Kommunalverwaltung. In den letzten Jahren, so sagte er, seien vor allem durch den Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise zahlreiche Missstände zum Vorschein gekommen. Nun aber sei die Zeit für eine neue Ära angebrochen.
Im September soll nun eine Kommission ins Leben gerufen werden, die mit Bürgerorganisationen, der Kommunalverwaltung und Wissenschaftlern die Vorschläge für die Verfassung überprüfen und neue Ideen unterbreiten soll. Im Frühling 2017 werden die Ergebnisse „des Dialogs“ zusammengefasst und den Vorsitzenden der Parteien übergeben.
Elisa Hübel
Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt Ministerpräsident Alexis Tsipras am Montag während der Ankündigung seiner Vorschläge für eine Verfassungsänderung.