Die Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern über ein dreijähriges Hilfsprogramm können beginnen. In den heutigen Morgenstunden wurde das zweite Paket der dafür nötigen Reformen mit großer Mehrheit verabschiedet. Der innerparteiliche Bruch bei SYRIZA hat sich jedoch erneut bestätigt.
Bei dem Votum, das um vier Uhr morgens über die Bühne ging, stimmten 230 der 300 Parlamentarier mit „Ja“. Neben der Mehrheit der Abgeordneten von den beiden Koalitionsparteien, dem Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) und den „Unabhängigen Griechen“ (ANEL), sprach sich auch die europafreundliche Opposition – die konservative Nea Dimokratua (ND), die sozialistische PASOK und die liberale „To Potami“ – für das Reformpaket aus. Es betrifft u. a. Änderungen in der Zivilprozessordnung sowie den Bankensektor.
Gegen die Neuregelungen gestimmt haben 63 Parlamentarier der kommunistischen KKE und der faschistischen Chryssi Avgi, aber auch erneut 31 der 149 SYRIZA-Abgeordneten, die überwiegend dem Parteiflügel „Linke Plattform“ angehören. Zu den „Abweichlern“ gehört aber auch die Parlamentspräsidentin Zoi Konstantopoulou. Letztere hat am heutigen Donnerstag ein Treffen mit Ministerpräsident Alexis Tsipras. Wegen des oft eigenwilligen Vorgehens der Politikerin haben bereits mehrere Abgeordnete ihren Rücktritt gefordert. Mit „Nein“ gestimmt haben schließlich auch die ehemaligen SYRIZA-Minister Nadia Valavani, Kostas Isychos und Dimitris Stratoulis, die Ende voriger Woche bei einer Kabinettsumbildung ausgetauscht worden sind. Etwas überraschend hat diesmal der frühere Finanzminister Janis Varoufakis, der vorige Woche das erste Paket ablehnte, mit „Ja“ gestimmt. Seine Entscheidung begründete er damit, dass er die Einheit von SYRIZA gewährleisten und Premier Tsipras sowie seinen Nachfolger im Finanzministerium Efklidis Tsakalotos (siehe Foto) unterstützen wolle.
Wie SYRIZA nun mit den „Abtrünnigen“ verfahren wird, steht noch aus. Der Vorsitzende der „Linken Plattform“ Panagiotis Lafazanis erklärte zwar, dass „SYRIZA trotz seiner Differenzen vereint“ sei. Genau das gebe der Partei „Kraft“ und sei nicht ihre „Achillesferse“, so das ehemalige KP-Mitglied.
Die neue Regierungssprecherin Olga Gerovassili räumte nach der Abstimmung jedoch ein, dass „der Bruch in der Parlamentsfraktion deutlich“ sei. Die Parteiorgane würden sich in den kommenden Tagen mit diesem „politischen Problem“, wie sie es nannte, beschäftigen.
Der Regierungschef verteidigte in seiner Rede vor der Abstimmung das mit den internationalen Geldgebern angepeilte Spar- und Reformprogramm (Memorandum III): „Ich bin stolz darauf, dass ich diesen Kampf gefochten habe und darauf, dass das Recht des griechischen Volkes in der ganzen Welt erhört worden ist“. Außerdem versprach er, dass bei den nun verabschiedeten Änderungen bei den Versteigerungen von Immobilien der Erstwohnsitz von Schuldnern nicht betroffen sei.
Der Interimsvorsitzende der konservativen Oppositionspartei ND Vangelis Meimarakis betonte in seiner Intervention, dass die 76 ND-Parlamentarier mit „Ja“ stimmen, um dem Land zu helfen und den Verbleib in Europa zu garantieren. Der Chef von „To Potami“ Stavros Theodorakis erklärte seinerseits, dass die Stabilität Griechenlands Vorrang habe. Die Vorsitzende der sozialistischen PASOK Fofi Gennimata vertrat die Ansicht, dass die Regierung nicht in der Lage sei zu regieren. (Griechenland Zeitung/eh)