In der kommenden Woche soll das griechische Parlament einen neuen Staatspräsidenten wählen. Falls man sich bis Ende Dezember nicht auf einen Kandidaten einigen kann, würden Anfang 2015 vorverlegte Parlamentswahlen stattfinden. Die Börse reagierte nahezu panisch und verlor am Dienstag fast 13 Prozent.
Am 17. Dezember soll das griechische Parlament einen neuen Staatspräsidenten wählen. Ursprünglich war dieses Prozedere erst für Februar geplant.
Falls sich die 300 Abgeordneten auf keinen Kandidaten einigen können, rücken vorverlegte Parlamentswahlen auf die Tagesordnung. Laut Verfassung und auf Basis der genannten Termine käme für ein solches Szenarium der 25. Januar oder der 1. Februar in Frage.
Als Präsidentschaftskandidat geht für die Regierungskoalition aus Konservativen (ND) und Sozialisten (PASOK) der frühere EU-Kommissar für Umweltpolitik Stavros Dimas ins Rennen. Der 73jährige Jurist und ND-Politiker hat u. a. für die Wall Street und die Weltbank gearbeitet. In Griechenland hatte er mehrere Ministerposten inne. Zuletzt war er bis Mai 2012 Außenminister in der Übergangsregierung von Loukas Papadimos.
Schwierige Sache
Die Wahl des neuen Präsidenten kann bis zu drei Runden in Anspruch nehmen, die jeweils einen zeitlichen Abstand von mindestens fünf Tagen haben müssen. Im ersten oder zweiten Wahlgang müssten mindestens 200 der 300 Abgeordneten für das neue Staatsoberhaupt votieren. Falls das nicht gelingt, wäre beim dritten Mal nur mehr eine Dreifünftel-Mehrheit von 180 Mandaten nötig. Samaras zeigte sich zuversichtlich: Bis zum Ende des Jahres würden sich „die Wolken verzogen haben“. Doch in der Praxis ähnelt das Vorhaben der Quadratur des Kreises. ND und PASOK verfügen nur mehr über 155 Sitze in der Volksvertretung. Selbst mit Unterstützung der 24 unabhängigen Abgeordneten kämen sie nicht auf die erforderlichen Mandate.
Bisherigen Äußerungen zufolge will die Opposition einhellig gegen Dimas stimmen, um damit vorverlegte Parlamentswahlen herbeizuführen. Allen Umfragen zufolge dürfte das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) einen solchen Urnengang für sich entscheiden. Eine aktuelle Erhebung bescheinigte SYRIZA 27 % und der ND 22 %. Damit allerdings wäre das Linksbündnis noch nicht regierungsfähig. Man müsste sich nach Koalitionären umschauen.
Drei Optionen
Hintergrund für die vorgezogenen Wahlen des Präsidenten sind die Verzögerungen der Bewertung der griechischen Reformfortschritte durch die Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IMF). Es geht vor allem um die Auszahlung der letzten Kreditrate von 1,8 Mrd. Euro und um die Gewährung einer vorsorglichen Kreditlinie, mit der eine Rückkehr an die freien Kapitalmärkte abgefedert werden soll. Ohne die Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen werden diese Gelder nicht fließen. EU und IMF wollen nun offenbar Klarheit haben, mit welcher Regierung man über die konkreten Bedingungen verhandeln wird. Sollte die Koalition unter Samaras ihren Kandidaten durchsetzen, wäre sie bis Sommer 2016 im Amt.
SYRIZA-Chef Tsipras hingegen möchte die mit Griechenland getroffenen Vereinbarungen annullieren. Auf seinem Programm stehen ein Stopp der Kreditrückzahlungen und eine Ausweitung des staatlichen Sektors. Auch will er erfolgte Privatisierungen rückgängig machen und Gehälter und Renten auf das frühere Niveau anheben.
Das dunkelste Szenario allerdings ist, dass bei einem Urnengang überhaupt keine regierungsfähige Mehrheit zustande kommt. Das könnte langwierige Koalitionsverhandlungen oder sogar eine weitere Wahlrunde nach sich ziehen. Die Kapitalmärkte und potentielle Investoren würde das weiter verunsichern. Bereits am Dienstag gab die Athener Börse (siehe Foto) um fast 13 % nach: der heftigste Absturz seit 27 Jahren.
Text: Elisa Hübel, Foto: Eurokinissi