Keine regierungsfähige Mehrheit erwartet
Die
programmatischen Unterschiede zwischen der konservativen ND und dem
Linksbündnis Syriza bestehen vor allem darin, dass erstere das mit
der Troika geschnürte Sparprogramm zum Teil neu verhandeln will.
Syriza hingegen will dieses Programm aufkündigen. Der
Syriza-Fraktionsvorsitzende Alexis Tsipras warf am Donnerstag
während seiner zentralen Wahlrede am Athener Omonia-Platz der ND
vor, dass diese nur mit Einschüchterungen und der Verbreitung von
Angst auf Stimmenfang gehe. Tsipras stellte fest, selbst wenn seine
Partei eine regierungsfähige Mehrheit erhalten sollte, werde er mit
anderen Parteien, die gegen das Memorandum sind, koalieren. Doch im
Prinzip sind sich Beobachter ohnehin darin einig, dass es für keine
Partei zu einer regierungsfähigen Mehrheit kommen wird. Vielmehr
wird nach dem Urnengang von den Parteien Koalitionsbereitschaft
gefordert werden. Sollte man sich dann nicht auf einen gemeinsamen
Nenner einigen können, um eine Regierung zu bilden, würde es zu
einer dritten Wahlrunde kommen. Dadurch aber könnte das schwer von
Rezession, Verschuldung und Instabilität gebeutelte Land endgültig
in die Knie gezwungen werden.
Großkundgebungen am Freitagabend
Der
ND-Vorsitzende Antonis Samaras warf am Donnerstag seinem
Kontrahenten Tsipras vor, dass dieser mit Griechenland spiele. Vor
Jugendlichen der Stadt Thessaloniki schlug er u. a. die Gründung
von Privatuniversitäten vor. Am heutigen Freitag hält Samaras seine
zentrale Wahlrede um 20.00 Uhr am Athener Syntagma-Platz. Tsipras
spricht seinerseits um 20.30 Uhr am Aristotelous-Platz in
Thessaloniki. Der Vorsitzende der PASOK Evaneglos Venizelos hält
seine letzte Wahlrede um 19.30 Uhr im Rathaus von Acharnes,
nördlich von Athen. Der Vorsitzende der Unabhängigen Griechen Panos
Kammenos wird um 19.30 Uhr in der Sporthalle von Ägaleo (westlich
der Hauptstadt) sprechen. Auch die Generalsekretärin der
Kommunistischen Partei KKE Aleka Papariga wendet sich heute ein
letztes Mal an die Wähler. Sie spricht um 20.30 Uhr am zentralen
Athener Pedion tou Areos-Platz. Der Vorsitzende der Demokratischen
Linken DIMAR Fotis Kouvelis spricht um 20.30 Uhr am Hafen von
Thessaloniki.
Obwohl 14 Tage vor den Wahlen keine Umfragen mehr veröffentlicht
werden dürfen, gehen Beobachter davon aus, dass sich Samaras und
Tsipras ein Kopf an Kopf Rennen liefern könnten. Schätzungen
zufolge könnten diese beiden Parteien jeweils zwischen 20 % bis 30
% der Wählerstimmen erhalten. Zuverlässige Einschätzungen, wer
letztlich die Wahlen für sich entschieden hat, werden erst am
Sonntagabend gegen 21.30 Uhr erwartet.
Letzte Vorbereitungen vor dem Urnengang
Mit dem Urnengang geht auch die Übergangsregierung von Panajiotis
Pikrammenos ihrem Ende entgegen. Am Freitag beriet sich noch einmal
der Ministerrat. Thema waren die Wahlen und die geleistete Arbeit
dieser Regierung.
Zu Verzögerungen kommt es angesichts der Wahlen im städtischen Bus-
und O-Busverkehr in der Hauptstadt Athen. Am Freitag wie auch am
kommenden Montag verkehren die meisten Busse nach den
Samstags-Fahrplänen. Ausnahme bilden Busse, die Richtung Häfen,
Flughäfen oder in Richtung der Busbahnhöfe unterwegs sind. Je nach
Bedarf könnte es in diesen Fällen sogar zu einem erhöhten Einsatz
an Fahrzeugen kommen.
Was Pkw-Besitzer betrifft, deren Fahrerlaubnis oder deren
Kfz-Kennzeichen eingezogen wurden, so können sie diese unter
bestimmten Umständen zurück erhalten. Hintergrund dafür ist, dass
viele Griechen nicht an ihrem Wohnort wählen, sondern oftmals in
ihrem Geburtsort. Durch diese Maßnahme soll ihnen die Reise an die
Wahlurnen erleichtert werden; es ist landesweit mit erhöhtem
Verkehrsaufkommen zu rechnen. (Griechenland Zeitung / eh, Foto:
Eurokinissi)