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Junge, griechische Kunst in Berlin – mit Kreativität und Mut

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Foto (© gsz): Werk von Panos Kompis. Foto (© gsz): Werk von Panos Kompis.

Noch bis zum 3. März stellen 15 junge, griechische Künstlerinnen und Künstler im Rahmen von „Athen SYN II: GOING VIRAL“ ihre Werke in einer Berliner Galerie aus. Im Mittelpunkt steht dabei die Rolle des Individuums im Kollektiv. Aus Anlass der Schau sprach die Griechenland Zeitung mit der Kuratorin Katja Ehrhardt über die Stellung der zeitgenössischen, griechischen Kunstszene.

GZ: Frau Ehrhardt, noch bis Anfang März läuft Ihre Ausstellung AthenSYN II. Warum wird der Fokus auf griechische Kunst gesetzt?

EHRHARDT: Sotirios Bahtsetzis und ich gründeten die Initiative AthenSYN mit dem Ziel der Präsentation zeitgenössischer griechischer Kunst im Ausland mit Schwerpunkt auf Deutschland. Es wurde zwar mit der documenta14 in Athen erstmals die internationale Aufmerksamkeit auf Athen als Kulturmetropole gerichtet, doch Griechenland war bisher vorrangig bekannt durch archäologische Stätten und schöne Strände, weniger durch die zeitgenössische Kunst. Sie ist im Vergleich mit anderen europäischen Ländern wenig vertreten im internationalen Kunstmarkt, hat aber in den letzten Jahrzehnten sehr schnell eine starke Entwicklung durchlaufen und verdient mehr Visibilität.
Die derzeitige Ausstellung ist die zweite Ausgabe einer Biennale für zeitgenössische griechische Kunst in Berlin, die wir im Jahr 2019/2020 begonnen haben. In der ersten Ausgabe AthenSYN I: HOMEMADE EXOTICA ging es um die Wahrnehmung unserer Umgebung durch Kategorisierungen – dafür liefert der Mythos Griechenland im positiven wie im negativen Sinne ein Paradebeispiel –, die oft unkritisch übernommen werden. Darunter leidet lebendige Kommunikation, und für eine wirkliche Begegnung müssen diese Kategorisierungen hinterfragt werden. Die zweite Ausgabe AthenSYN II: GOING VIRAL widmet sich der Vernetzung allen Seins, der Wirkung des Individuums auf das Kollektiv. Eigeninitiative, Nachhaltigkeit, Solidarität und Selbstorganisation, die wir in der Ausstellung und dazugehörigem Symposium behandeln, sind da Themen, die wir untersuchen und zu denen die zeitgenössische griechische Kunst in ihrem Spannungsbereich von Gegensätzen wie Arm und Reich, Innovation und Tradition, Ost und West wichtige Impulse liefern kann.

Vitalität und Ausdruckskraft

GZ: Welche griechischen Künstler stellen Sie aus, auf wen freuen Sie sich besonders?

EHRHARDT: Wir haben in Kollaboration mit der von der Stavros Niarchos Stiftung gegründeten Organisation ARTWORKS 15 junge Kunstschaffende aus Griechenland und damit 15 verschiedene Positionen aus der Generation Y ausgesucht, die zum Ausstellungsthema signifikante Stellungen einnehmen. Ich freue mich über alle 15 Individuen gleichermaßen – Ileana Arnaoutou, Irini Miga, Maria Louizou, Latent Community, MASI Collectif, Panos Kompis, Sofia Dona, Anestis Ioannou, Stefania Strouza, Ersi Varveri, Andreas Ragnar Kassapis, Kyriaki Goni, Maria Tsagkari, Maro Fasouli. Jeder einzelne Beitrag ist auf seine Art wichtig als Teil eines Ganzen, was wir ja auch mit der Thematik unserer Ausstellung verdeutlichen wollen.

GZ: Wie würden Sie die junge, griechische Kunstszene beschreiben?

EHRHARDT: Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Finanzkrise 2009 in Griechenland sowie der Flüchtlingsströme ab 2015 haben die Arbeitsbedingungen der Kunstszene sehr erschwert. Durch Corona hat sich die Lage nochmals verschlechtert. In Athen, im Zentrum der Kunstszene, sieht man den Willen zum Weiterarbeiten auch unter schwierigen Bedingungen sehr deutlich. Durch das Fehlen von Infrastruktur gibt es viel Intervention im öffentlichen Raum. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen privatem Raum und öffentlichem Raum, zum Beispiel durch Ausstellungen der Künstler in ihren eigenen Wohnbereichen. Die griechische Kunstszene, vor allem die junge, ist sehr experimentell und lebendig. Man muss sich dessen bedienen, was gerade zur Verfügung steht, da ist viel Raum für Improvisation, auch wenn die Strukturen oft kurzlebig sind. Es herrscht eine starke Resilienz, ein Überlebenswille und dadurch auch eine beeindruckende Vitalität und Ausdruckskraft und Authentizität – nicht zuletzt auch durch den Willen, mit Kunst unter den harten Bedingungen gesellschaftspolitisch ein Statement zu setzen, was viele Künstler tun.

Kunst und Zukunftsvisionen

GZ: Welche Wechselwirkungen könnte es mit der Kunstszene in Deutschland geben?

EHRHARDT: Wir stellen uns in unserer Arbeit die Frage, wie wir helfen können, eine innereuropäische, kulturelle Infrastruktur zu erschaffen, beispielsweise durch den Aufbau von Künstlerresidenzen, gemeinsamen Ausstellungsprojekten, Symposien zu wichtigen Fragen, die Europa beschäftigen. Momentan übt Griechenland für viele Kulturschaffende eine große Faszination aus, und wir wünschen uns mehr Möglichkeiten und Wege für griechische, zeitgenössische Künstler in Deutschland. Die Kunst ist ein Bereich, in dem man gemeinsam kreativ sein kann, Vorurteile abbauen, Zukunftsvisionen erschaffen, die für ein friedliches Zusammenleben in Europa unverzichtbar sind. Wir setzen Kunst als Bildung und Mittel zum Dialog über die Zukunft Europas ein, die wir gemeinsam prägen.

Das Interview führte David Vilentchik

AthenSYN II: GOING VIRAL. STEINZEIT GALERIE Berlin, Kottbusser Straße 11, 10999 Berlin. Die Ausstellung läuft bis zum 3. März 2022. In Zusammenarbeit mit ARTWORKS, Freiraum in der Box Berlin, unterstützt von der Stavros Niarchos Foundation (SNF), Schwarz Foundation, Kulturamt Friedrichshain Kreuzberg, Hellenic Foundation for Culture. Unter der Schirmherrschaft der Hellenischen Botschaft Berlin. Infos: www.steinzeit-berlin.de/galerie

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