Spätestens ab Mai soll das seit Jahren im Bau befindliche neue „Museum für neuere griechische Kultur“ im Athener Flohmarktviertel Monastiraki sukzessive der Öffentlichkeit übergeben werden. Das sagte Kulturministerin Lina Mendoni bei einem Ortstermin mit dem Regionalgouverneur von Attika, Jorgos Patoulis.
Das Museum wird achtzehn renovierte oder wiederaufgebaute traditionelle Gebäude im Geviert zwischen den Straßen Areos, Adrianou, Vryssakiou und Kladou sowie in angrenzenden Lagen einnehmen. Außerdem gehört die Tzistarakis-Moschee am Monastiraki-Platz dazu, in der 1918 das erste Volkskunstmuseum Athens eingerichtet wurde und wo bis zuletzt die Keramiksammlung des Museums zu sehen war. Die Gebäude sind seit 2018 praktisch fertig, momentan laufen der Einbau der Vitrinen, die Installation der Beleuchtung und die Einrichtung der ersten Sammlungen. Außerdem sollen dort, wo es möglich ist, Aufzüge eingebaut werden. Der barrierefreie Zugang zu den Kulturstätten genieße für das Ministerium Priorität, hieß es dazu.
Geschichte der Identitätssuche
Als erste sollen im Mai die Moschee sowie drei Gebäude im genannten Geviert und ein weiteres gegenüber an der Klados-Straße öffnen, so Ministerin Mendoni. In der Moschee wird aber nicht mehr die Keramiksammlung, sondern eine Ausstellung zur Geschichte des Museums seit 1918 mit ausgewählten Exponaten präsentiert. Im „Gebäude K“ an der Klados-Straße wird die erste Wechselausstellung des neuen Museums zum Griechischen Freiheitskampf ab 1821 gezeigt. Das Gebäude C1 behandelt die Identitätssuche des neueren Griechentums, das heißt den historischen Rahmen der gesamten Ausstellung des Museums, während im Gebäude C2 die Geschichte des Häuserblocks mit Gebäuden aus dem 17. bis zum frühen 20. Jahrhunderts dargestellt wird. Das Gebäude E direkt dahinter dient der Präsentation der Unterhaltung der griechischen Gesellschaft im Zeitalter vor Kino, Radio und Fernsehen, das heißt, dass hier vor allem die große Sammlung mit Schattenspielfiguren zu sehen sein wird. Noch im laufenden Monat soll außerdem der Innenraum der Elissaios-Kapelle an der Areos-Straße wiederhergestellt sein. Das Kirchlein aus dem 17. Jahrhundert wurde – ungewöhnlich für griechische Verhältnisse – in den 1940er Jahren durch seinen Besitzer größtenteils abgerissen und 2004 wiederaufgebaut. Es gilt als besonders wichtiges Zeitzeugnis, weil hier einer der größten Literaten des Landes, Alexandros Papadiamantis (1851-1911), bei den Messen vorsang. Papadiamantis lebte im nahen Psyrri-Viertel in einem Kämmerchen hinter der Kirche Agii Anargyri, das ebenfalls erhalten ist.
Musealer Gebäudekomplex
Der neue Standort ist als repräsentative Alt-Athener Nachbarschaft mit dreizehn Einzelbauten gewissermaßen selbst ein Ausstellungsstück des Museums. Neben der Elissaios-Kapelle finden sich dort der Brunnen und der Bogen des Eingangstores zum Herrenhaus Chomatianos-Logothetis aus dem 17. Jahrhundert, das stattliche Wohnhaus des einstigen Außenministers Nikolaos Dragoumis von 1835, aber auch die bescheidenen kleinen Häuschen einfacher Athener sowie Ladengeschäfte aus den beiden letzten Jahrhunderten. Außerdem wurden auf dem Areal die Überreste der frühchristlichen St.-Thomas-Basilika aus dem 5. Jahrhundert und der spätrömischen Stadtmauern aus dem späten 3. Jahrhundert freigelegt. Das Museum für neuere griechische Kultur wurde 1918 als „Museum griechischer Handwerkskunst“ in der Tzistarakis-Moschee gegründet und 1959 in „Museum für griechische Volkskunst“ umbenannt. Seinen heutigen Namen erhielt es vor einigen Jahren, als die Umzugspläne an den neuen Standort Gestalt annahmen. Bislang waren die rund 25.000 Exponate des Museums auf zahlreiche Standorte im Plaka-Viertel verteilt, darunter das letzte erhaltene türkische Bad der Stadt aus dem 16. Jahrhundert nahe der Römischen Agora. (GZak)