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Das rote Ei und die geschmückte Kerze

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Beim Eieranstoßspiel zu Ostern wird ein Glückspilz ermittelt. (Foto: ek/Archiv) Beim Eieranstoßspiel zu Ostern wird ein Glückspilz ermittelt. (Foto: ek/Archiv)

Um an Jesus Christus’ Blut zu erinnern, werden die Ostereier in Griechenland nach orthodoxem Brauch ausschließlich rot gefärbt. Wenn Griechinnen und Griechen einander während der Auferstehungsmesse in der Nacht zum Ostersonntag (in diesem Jahr von 19. auf den 20. April) mit „Χριστός Ανέστη“ begrüßen, zückt die Eine und der Andere gerne ein in die Kirche mitgebrachtes Ei aus der Tasche, um dem Brauch des τσούγκρισμα, des Anstoßens, nachzukommen.

Dabei wendet man sich einem „Gegner“ zu und stößt auf dessen Ei ein. Bleibt das Ei unversehrt, verheißt es einem Glück. Und weil in diesen Tagen jeder mal als Glückspilz dastehen und gewinnen möchte, spielt man das Eieranstoßspiel während der österlichen Feiertagen bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Die rotgefärbten Eier verschenkt man auch an Verwandte und Freunde; zudem hält sich vielerorts der Brauch, sich für Zuhause ein Osterei als Glücksbringer aufzubewahren. Ein weitere Tradition besteht darin, dass alle Patentanten und Patenonkel ihren Patenkindern bereits vor der Osternacht einen Besuch abstatten, um ihnen tsouréki, rotgefärbte Ostereier und die unentbehrliche lampada, eine festlich geschmückte Osterkerze zu überbringen. Die meisten Familien färben die Eier nach altem Brauch mit roten Zwiebelschalen ein. Dazu kocht man reichlich Zwiebelschalen in Wasser, verrührt sie und lässt sie so lange köcheln, bis der Farbsud die gewünschte Farbe angenommen hat. Nachdem die rohen Eier mit Essig gesäubert und die Zwiebelschalen herausgefischt sind, lässt man sie vorsichtig mit einem Löffel ins heiße Farbbad gleiten und etwa zehn Minuten kochen. Essig fixiert zudem den Farbstoff, wobei die Farbintensität davon abhängt, wie lange man die Ostereier im Sud ruhen lässt. Weiße Eier geraten leuchtend rot, während braune Eier eher einen warmen Holzton annehmen. Mit Olivenöl poliert können sie noch zum Glänzen gebracht werden, doch des Weiteren präsentieren griechische Ostereier sich zumeist in purem Rot, ohne zusätzlichen Schmuck. Die πασχαλινή λαμπάδα/paschaliní lampáda (Osterkerze) der Kinder hingegen gehört möglichst reich verziert und wird während der Ostermesse am Samstagabend zusammen mit den schlichteren Osterkerzen der Erwachsenen vom Priester geweiht. So wie ihre Bezeichnung lampada an Lampenlicht erinnert, symbolisiert die Kerzenflamme das Licht der Auferstehung, das Licht, das Jesus in die Welt gebracht hat. Die Kerzen zündet man untereinander an, und so gibt man das Licht an seinen Nächsten weiter. Ob man gläubig ist oder nicht, ob man religiös eingestellt ist oder auch nicht – auf jeden Fall ist es eine durchaus bewegende, eine durchaus erhebende Erfahrung, diesem Brauch beizuwohnen: dem Lichterspiel in der Nacht, bei dem alle Anwesenden mit flammenden Kerzen in der Hand vereint stehen. Ein Vorgang, der mit Stillschweigen oder mit Flüstern einhergeht, weil dies nicht nur ein feierlicher, sondern zudem ein spannungsvoller Moment ist. Denn wenn es beim Eierwettkampf darum geht, daraus als Glückspilz und mit einem unversehrtem Ei hervorzugehen, so gilt es, die paschalini lampada auf dem Nachhauseweg mit der Hand zu schützen, um die Kerze, das vom Priester geweihte, heilige Licht, brennend unter sein eigenes Dach zu bringen! (Griechenland Zeitung / Linda Graf)

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