Die Ankunft im Hafen Piräus beschreibt Christiane nach dem ersten Schock als recht malerisch. Trotz ihrer jugendlichen Unerfahrenheit und einem Gefühl von Verzweiflung lässt sie sich nicht gehen, sondern schaut sich um: „Ich war zwar kurz davor, in Tränen auszubrechen, als mir bewusst wurde, dass meine Heimat so weit weg und so ganz anders war, als all das, was ich hier ringsherum sah. Aber es war da überhaupt keine Zeit für solche Sentimentalitäten!“
Ihr Dampfschiff ist sofort umringt von Booten junger Män¬ner, deren schneeweiße Zähne aus den sonnenverbrannten Gesichtern blitzen. Sie schaffen das Gepäck an Land, wo die Lüths von einer lauten Menge und viel Geschrei empfangen werden. Hoteliers preisen ihre Häuser an, Privatpersonen ihre Zimmer, Kutscher ihre Fahrzeuge. Sie wählen den bestangezogenen Hotelangestellten; 10 Drachmen will der Kutscher für das Paar und Hanne sowie das Gepäck. Christiane notiert sich den Preis; sie wird von nun an für den Haushalt verantwortlich sein und bald wissen müssen, was wie viel kostet. Der Weg nach Athen führt durch weite Olivenhaine, sie passieren die antike Stadtmauer, kommen am Tempel des Theseus vorbei (heute: Hephaistion) und rollen über die Hauptstraße Odo Ermou ins Zentrum. Hier macht sich bei Christiane leise Enttäuschung breit: „Entlang der Straße, die immer schlechter wurde, kleine Häuser ohne die geringste Besonderheit, gar nichts von einer Hauptstadt, nur viele Menschen.“ Die Lüths beziehen ein Appartement im Hôtel de Londres, wo sie vorerst bleiben, bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben. […] Die erste Zeit war für die junge, unerfahrene Ehefrau sicher sehr schwierig, zumal sie schwanger war. Es galt einen Haushalt aufzubauen in einem Land, dessen Sprache, Sitten und Gebräuche ihr völlig fremd waren. Eine große Hilfe, physisch wie psychisch, war für Christiane nicht ihr Mann, sondern ihre etwas jüngere Schwester Hanne. Die beiden Frauen mussten herausfinden, welche Dinge – Lebensmittel wie Haushaltgegenstände – man in Athen wo und zu welchem Preis kaufen konnte. Humorvoll erzählt Christiane, wie sie zu Be¬ginn ständig übers Ohr gehauen wurden, bis ein Angestellter des Ho¬fes mit ihnen einkaufen ging. Was allerdings zur Folge hatte, dass die Preise noch einmal stiegen, weil die Händler glaubten, der Hof bezahle. Christiane und Hanne lernten rasch Neugriechisch, vor allem Zahlen, Masse und Gewichte. „Wir mussten zu Beginn all unseren Mut zusammennehmen, um auf dem Markt einkaufen zu gehen.“
Auszug aus der GZ-Buch „Neue Heimat Griechenland. Königin Amalie und Pastorsgattin Christiane in Athen“