In Passows Handwörterbuch der Griechischen Sprache zum Wort sandalia (σανδάλια), der Pluralform von sandali, lesen wir: „eine starke hölzerne oder lederne Sohle, die mit Riemen um den Oberfuß gebunden wurde, eine ursprünglich tyrrhenische Tracht, die vor Xerxes’ Zeit Eingang fand und von beiden Geschlechtern, vorzugsweise aber von den Frauen, getragen wurde, zu deren Schmuck sie gehörte.“
Hier fehlt nur der Hinweis, dass ein deutscher Altphilologe des 19. Jahrhunderts wie Franz Passow jene griechischen Sandalen, die hier beschrieben werden, zunächst den „Tyrrhenern“, das heißt Etruskern, und damit der Welt der Römer zuordnet, weil ihm das Hemd der Etruskerin in der lateinischen Form sandalia noch näher liegen musste als der Rock der griechischen Dichterin Sappho. Deren Fragmente auf Papyri unter dem ägyptischen Wüstensand sind ja zum großen Teil erst im 20. Jahrhundert bekannt geworden. Die Sandale ist bei ihr in ihrer äolischen Nebenform sambalon überliefert und bestätigt die Schmuckfunktion dieses Schuhwerks bei den Schönen von Lesbos. Die etymologische Herkunft der griechischen Sandalen in dieser Bedeutung deutet im Übrigen auf den persischen Sprachraum. Viel Verwirrung bei dieser doch eigentlich so klaren Herleitung unserer Sandalen aus den griechischen sandalia haben zwei ähnlich bis gleichlautende Begriffe gebracht. Und das ist zum einen das Sandelholz, das man sich als Schuhsohle der Sandalen vorstellen wollte, und zum anderen das mittelalterliche sandalin in der Bedeutung „kleines Boot, Barke, Nachen.“ Nun haben weder die Schuhsohle noch die Barke schon allein deshalb nichts mit dem Sandelholz zu tun, weil dieses hochgeschätzte, vorwiegend über Persien aus Indien importierte und auch als Weihrauchstäbchen bei religiösen Zeremonien im Einsatz befindliche Luxusgut für so profane Zwecke gewiss nicht in Gebrauch war. Auffällig ist auch, dass die Belege für sandali als Barke auf italienischem Gebiet nur in Apulien nachweisbar sind, was auf griechischen Import deutet. Und dass im Griechischen des Mittelalters ein flacher Nachen im Gegensatz zu einem größeren Boot mit einem flachen Schuh metaphorisch verglichen wurde und sich dieser Begriff auch überregional durchsetzte, ist ja gut denkbar, vergleichbar etwa mit dem Begriff Brett in einem Surfbrett. Zumal klar ist, dass diese kleine flache Brettbarke sandalin eine innergriechische semasiologische Weiterentwicklung vom Schuh zum Brett in frühbyzantinischer Zeit darstellt. Und wenn das nun geklärt ist, verbleibt uns nur noch zu sagen, dass im Deutschen die „Sandaly“ als Pluralform ab 1500 nachweisbar sind und direkt übernommen wurden aus dem lateinischen sandalia, ohne den sonst üblichen Weg über das Französische. (Griechenland Zeitung / Hans Eideneier)