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Die Feinheiten der Salatkultur

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Foto (© Griechenland Zeitung / Elisa Hübel) Foto (© Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)

In Griechenland gehört ein Salat zum Mittag- oder Abendessen wie das tägliche Brot. Die Aussage, dass Kinder kein Gemüse essen mögen, kommt einem hier selten zu Ohren. Von Kindesbeinen an sind sie es gewohnt, genau wie die Erwachsenen, zuzulangen, wenn die Salatschüssel auf den Tisch kommt.

Die sechsjährige Evi pflückt die jungen Gurken im Garten und isst sie im Stehen, ihr Bruder isst die halbierten, von seiner Großmutter mit Salz bestreuten Tomaten wie Apfelhälften, wobei ihm der Saft vom Kinn tropft.
Für einen vitaminreichen frischen Salat gibt es zwei Voraussetzungen, und das ist die hiesige Gewohnheit, den Salat kurz vor dem Essen und ausschließlich mit den jeweiligen saisonalen Zutaten zuzubereiten. Die Salatschüssel kommt mit dem Brot und vor dem Hauptgericht auf den Tisch. Man isst den Salat à la grecque: Jeder langt mit seiner eigenen Gabel in die Schüssel, denn das Essen auf dem Tisch ist für alle zum Teilen da. Genauso symbolisiert und verstärkt das Essen der Vorspeisen von gemeinsamen Tellern den Gemeinschaftssinn – ob man jetzt mit der Familie oder im Freundeskreis beisammensitzt. Alles untereinander zu teilen, ist ein Zeichen von Gastfreundlichkeit und Großzügigkeit, daher sieht es für einen Griechen ungewöhnlich aus, wenn man in der Taverne einen Teller mit Salat bestellt und ihn alleine isst. Wäre man sich der Sitten in anderen Ländern nicht bewusst, würde man dies als ein Zeichen von Geiz deuten.
Nebst der auf allen Speisekarten vorzufindenden χωριάτικη (Bauernsalat) mit der Scheibe Feta obendrauf, tut man gut daran, sich nach anderen Salaten zu erkundigen, da es ein wahrlich kunterbuntes, den Jahreszeiten entsprechendes Angebot an Sorten gibt. Meine Lieblingssalate sind der erfrischende λάχανοκαροτο, geriebener Möhren- und Kohlsalat, μαρούλι, Kopfsalat, und Rote Bete (παντζάρι). μαρούλι wird am Ionischen Meer mit Zwiebelringen verfeinert, während er, wie der aus Thessaloniki angereiste Nikos betont, in seiner Heimatstadt ausschließlich mit Frühlingszwiebeln (φρέσκο κρεμμυδάκι) serviert wird. Seine Art, ungläubig auf die roten Zwiebelringe zu starren, bringt mich zum Lachen. Für mich als Nichtgriechin spielt die Art der den Grünsalat verfeinernden Zwiebel keine wesentliche Rolle, wohl aber für Nikos. „Ah“, erklärt er spitzfindig, „ο διάβολος είναι στις λεπτομέρειες“ – der Teufel steckt im Detail –, die Frühlingzwiebel schmeckt feiner zum Salat! (Griechenland Zeitung / Linda Graf)

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